Otello: Ein Autist
Richard Decker als stimmlich durchschlagskräftiger Otello, Manuela Uhl als hingebungsvoll-selbstbewusst artikulierende Desdemona, ein kraftvoll auftrumpfender Jaco Venter als Jago sowie ein Ensemble, das in allen Rollen sängerisch bravourös auftritt: die Münsteraner Oper beweist ihre Kompetenz in Sachen Operngesang par excellence.
Schwächer fällt die Zustimmung zur eher verhaltenen Verdi-Interpretation des Sionfonieorchesters Münster unter Rainer Mühlbach aus. Dramatik wird durch Lautstärke erzeugt, Leidenschaft bleibt außen vor.
Peter Beat Wyrsch ignoriert in seiner Regie sowohl die fundamentale Rassismus-Kritik Verdis als auch mögliche Aktualisierungen in Sachen gesellschaftlicher Machtpotentiale und deren Ursachen. Er sieht das individualpsychologisch und zeigt Otello als Autisten, der an sich selbst – unverschuldet – scheitert. Dabei passiert es häufig, dass beim konvulsivischen Zucken auf dem Boden das Singen auf erkennbare Probleme stößt – ein wirkliches Wunder: Richard Decker kommt damit klar!
Überraschend die schlichte Bühne auf der Bühne (na klar: das klaustrophobische Innere der Seele Otellos) von Heinz Bolthes und die biederen Kostüme des ansonsten zu phantasievollen Jose-Manuel Vazquez.
Das Münsteraner Publikum ist mit dem Gebotenen einverstanden, applaudiert hingebungsvoll. (frs)
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