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Fakten zur Aufführung 

DIE EROBERUNG VON MEXIKO
(Wolfgang Rihm)
3. Juli 2005
(Premiere: 14.5.05)

Städtische Bühnen Münster

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Für Aug’ und Ohr

Das Orchester ist verteilt über das gesamte Auditorium: im sonstigen Graben, geteilt durch einen Steg ins Publikum, „Schlagwerk“ rechts und links, Vokalisten in phantasievollen „Podiums-Tonnen“ mit Deckel, sowie eine kleine Windt & Brass-Gruppe; auf der Vor-Bühne eine Bassgruppe links, eine Celli-Gruppe rechts, dazu Percussion in den Logen des 1. Rangs und als besonderer Effekt in den hinteren Reihen des Parketts: das Publikum ist umgeben von Klang!

Otmar Alt versetzt das Haus in einen Raum voller farbenprächtig-plakativer Elemente, die von der Decke hängen, die Rangseiten beherrschen, in die Orchester-Gruppen eindringen und auf der Bühne lustvoll gebaute Konstruktionen präsentieren. Die Angebote berauschen das Auge, vermitteln zugleich in hinreißender Übereinstimmung die bewegende Symbiose von Musik und Bild.

Wolfgang Rihms Oper (1992) kombiniert ein kolonialgeschichtliches und radikal-kritisches Drama von Artaud mit authentischen Azteken-Texten, die in ergreifender Weise den Clash of Civilizations im brutalen Zusammenprall der spanischen Conquistadores auf die geregelte Welt der Azteken thematisiert. Rihms Musik ist weit entfernt von jeglicher intellektueller Pseudo-Objektivierung, provoziert mit abrupten Dynamik-Wechseln, setzt Percussion-Klänge in ihren faszinierenden Möglichkeiten permanent emotionalisierender Weise ein und verirrt sich nicht in musiktheoretischen Sackgassen. Christian Voß kommt mit dem nahezu omnipräsent platzierten Orchester gut zurecht, und vor allem gelingt es ihm, einen vibrierenden Klang zu vermitteln, der Brutalität, Hilflosigkeit, Friedens-Sehnsucht, Leiden und elegisches Ergeben zu bestürzendem Erleben werden lässt – und dem farblichen, konstruktiven und imaginativen Feuerwerk Otmar Alts die musikalische Basis bietet.

Peter Beat Wyrsch will als Idee das „Beziehungsgeflecht zwischen Mann und Frau“ vermitteln, sieht den realen Kampf der Kulturen, das Problem von Krieg und Frieden, das brutale Obsiegen pseudo-christlicher Prinzipien als „stellvertretend“ an. Nun ja. Seine Personenführung der Altschen Fabelwesen, der Inkarnationen aztekischer Kultur, die Behutsamkeit ihrer Konfrontationen, der geradezu philosophisch-bedächtige Impetus ihrer Gesten und Bewegungen: das beweist die Sensibilität eines Regisseurs, dem zwischenmenschliche Nuancen wichtiger sind als knallige Effekte.

Ingo Anders als ambivalenter Cortez mit Judith Gennrich als friedsam-geopferter Montezuma verleihen den divergierenden Kulturen differenzierte Stimmen; das Sänger-Ensemble beweist seine stupende Fähigkeit zu variationsreichem Singen.

Ein offenbar erwartungsvolles Publikum folgt dem frappierenden Geschehen mit gespannter Aufmerksamkeit, entwickelt offenbar eigene Assoziationen zu Bildern und Klängen, dankt mit großem Applaus. Münsters Theater feiert einen Triumph des aktuellen Musiktheaters! (frs)


Fotos: © Michael Hörnschemeyer