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Fakten zur Aufführung 

MADAMA BUTTERFLY
(Giacomo Puccini)
13. Dezember 2003 (Premiere)


Städtische Bühnen Münster




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"America for ever"

Die größte Überraschung beim wieder einmal stimmungsvollen Premierenabend in Münster: Attila Wendler präsentiert den hässlichen Amerikaner, verblüfft mit einem wunderbaren Legato, setzt die sicheren Höhen bravourös um und demonstriert durchaus lyrische piani. Mit Victoria Safronova debütiert eine gespaltene Butterfly, hin- und hergerissen zwischen japanischer Tradition und amerikanischem lifestyle, stimmlich brillant, allerdings ohne letzte Vermittlung emotionaler Kräfte. Tina Hörholds Suzuki bleibt unauffällig-zuverlässig, Radoslaw Wielgus beeindruckt als cooler Vertreter der US-Administration, gibt dem Sharpless kräftige Kontur, Mark Bowman-Hesters Goro hat ungewöhnliches sängerisches Profil. Der Damenchor überzeugt mit einem Summ-Chor in feinstem pianissimo.

Das Symphonieorchester der Stadt Münster gibt unter Christian Voß einen gebrochenen Puccini-Klang, hat Stärken in den dramatischen Schlussakten mit den legendären Musikgeschichte machenden Dissonanzen, aber auch mit äußerst gefühlvollen Streicherpassagen, in den Einsätzen allerdings sind Unsauberkeiten unüberhörbar. Dazu spielen die Musiker gegen ein kontrastierendes Bühnengeschehen, das mit Puccinis Musik wenig anfangen kann.

Peter Beat Wyrsch inszeniert einen konfusen "Kampf der Kulturen": japanische Traditionsinseln im "modernistischen" Fernost, versetzt mit kulturimperialistischen US-Ikonen à la Coffee Shop, Coca Cola, Architekturelementen (Parkhauseingang) und neu-japanische Comic-Bilder, Mangas. Butterfly unterliegt, Pinkerton bemerkt seine Fehleinschätzung - Wyrsch ist in Schwarz-Weiß wohl political zu correct - doch Butterfly stirbt nach japanischem Ritual (so sieht das ja auch das Libretto vor): America for ever! Wieder einmal ein zynischer Erfolg im Kampf der ungleichen Zivilisationen.

Die Bühnenbauten Jürgen Lanciers bieten ein Klangomerat von Blicken in geheimnisvolle Fenster, aufgebauten Straßencafés, düsterem Parkhauseingang, alles versammelt um einen Coffee-Shop mit Stars und Stripes. Eine plausible Geschichte will sich hier nicht verorten lassen, alles bleibt im konfusen Durcheinander der Situationen. Die Handlung der gewählten Langfassung schwankt zwischen chaotischem Aktionismus und Phasen langatmiger szenischer Verunsicherung.

Das Premierenpublikum folgt dem verrätselten Geschehen einigermaßen hilflos, zeigt auch beim durchaus herzlichen Schlussapplaus Zeichen von Irritation, bedankt sich bei Solisten und Orchester, bleibt indifferent beim Regieteam. Diskussionen finden nicht statt. (frs)