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Fakten zur Aufführung 

DER KLEINE HORRORLADEN
(Howard Ashman/Alan Menken)
12. Oktober 2008 (Premiere)

Städtische Bühnen Münster


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Angriff der Killerpflanze

Die heruntergekommene Skid Row im Osten von New York ist kein gutes Pflaster, schon gar nicht für Mr. Mushniks Blumenladen. Wie zahlende Kunden aussehen, daran kann sich weder der deprimierte Ladeninhaber noch Seymour und Audrey, die beiden Angestellten erinnern. „Innovation! Ein neues Konzept muss her“, bringt Seymour es auf den Punkt. Da war doch dieses merkwürdige Gewächs, das er, der etwas tollpatschige Florist, kürzlich von einem Chinesen für wenig Geld gekauft und in Pflege genommen hat. Ein Unikum! Ab damit ins Schaufenster – und siehe: das zieht. Ein erster Kunde wird angelockt und lässt eine Menge Geld im Laden.

Derzeit sprießt das gruselige Grün in Münsters Städtischen Bühnen, die noch durchdrungen sind vom Lackgeruch des neuen Bühnenbodens. Die Musical-Macher sind die ersten, für die nach dem Theaterbrand im Großen Haus mit all seinen Folgeschäden der Vorhang zum ersten Mal wieder hoch geht. Sie präsentieren eine grandiose Show rund um Alan Menkens „kleinen Horrorladen“. Ein Feuerwerk ohne echte Flammen, aber mit vielen witzigen Ideen – und einem mehrfach tödlichen Ende. Denn „Audrey Zwo“, wie die (anfangs) harmlos scheinende Topfpflanze liebevoll genannt wird, entpuppt sich als Killer, wächst und gedeiht dank fleischlicher Kost.

Der erste, der dran glauben muss, ist Orin Scrivello, ein Zahnarzt der besonderen Art mit einem Outfit aus glitzernd schwarzem Lack und Nieten. Ein sadistischer Fiesling, um den es niemandem Leid tut, denn er hält seine „Freundin“ Audrey wie eine Sklavin. Matthias Caspari fühlt sich pudelwohl in dieser Unsymph-Rolle. Ab mit ihm in den Schlund der Pflanze. Aber auch Mr. Mushnik (Wolf-Dieter Kabler gibt ihn mit väterlicher Attitüde, lässt aber genauso gut seine Geldgier durchblicken) wird Opfer. Sein Misstrauen gegenüber Seymour und dessen zweifelhaftem Gewächs gerät ihm zum Verhängnis. Einmal kräftig „Schmatz“ – und weg ist auch er. Wenngleich der arme Blumenverkäufer, den Ilja Harjes so wunderbar naiv und „unschuldig“ spielt, in der Tat nichts dafür kann. Im Gegenteil: er hasst den Rummel um seine Person, will für sich und seine etwas dümmliche Audrey (treffsicher umgesetzt von Julia Stefanie Möller) traute Zweisamkeit. Doch bevor Seymour der Monster-Pflanze ihr Leben aushauchen kann, verschlingt sie die Geliebte, wächst und wächst und wächst...

Regisseur Dirk Böhling macht aus dem „Horrorladen“ eine rasante Komödie mit viel, viel Liebe zu inszenierten Details. Manfred Kaderks ausdrucksstarke und vor allem wandlungsfähige Bühne bietet ihm dazu alle Möglichkeiten. Na klar: das Stück ist auch wirklich beste Unterhaltung, bei der die Lachmuskeln in Gang kommen. Doch Böhling behält auch die ernsten Momente im Blick, etwa die beginnende echte Zuneigung, die Seymour und Audrey für einander empfinden - und den Appell, sich nicht bis aufs Blut aussaugen zu lassen um des schnöden Mammons willen. Das klingt doch äußerst aktuell.

Gespielt und gesungen wird ganz fabelhaft, auch von Marek Sarnowski, der gleich mehrere Typen spielt, die den erfolgreichen Superstar Seymour umgarnen. Agenten, Journalisten, Fotografen, kurz: alles, was die Yellow-Press zu bieten hat, kreuzt in Mushniks Blumenladen auf. Sarnowski schlüpft in jede dieser Rollen!

Katrin Wölfle, Stefanie Kirsten und Christiane Hagedorn sind drei treffliche Girls in Dauerfunktion und in jeder Lebenslage – nicht nur als Background-Choir. Und Jan Sturmius Becker leistet überirdische Gymnastik und haucht damit der Horror-Pflanze Leben ein.

Nicht zu vergessen die Fünf-Mann-Band im Obergeschoss von Mushniks Blumenladen, von Jürgen Knautz angeführt, die einfach große Klasse ist und Feeling für laute und leise Töne zeigt.

Schäumend war der Premierenapplaus, schäumend wird er ganz gewiss auch in den kommenden Vorstellungen bleiben.

Christoph Schulte im Walde

 






Fotos: Volker Beinhorn