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Fakten zur Aufführung 

FIDELIO
(Ludwig van Beethoven)
7. September 2006
(Premiere: 2.9.06)

Städtische Bühnen Münster

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Prinzip Hoffnung

Klangschön, durchaus Tiefen der revolutionär-emotionalen Beethoven-Musik evozierend, aber im Duktus harmoniestiftend geht Rainer Mühlbach mit dem Sinfonieorchester Münster den orchestralen Part an – nach dem Prinzip „so schön ist unser Beethoven“.

Chor und Extrachor der Städtischen Bühnen leistehn perfekten Chorgesang, mit prima Abstimmung und sängerischer Kraft, dazu darstellerisch mit vollem Einsatz (Leitung: Peter Heinrich). Das Solisten-Ensemble lässt viel Gefühl für die Rollen hören: Anna-Katharina Behnke ist eine mutig attackierende Leonore mit berührender Emphase, in den Höhen bisweilen spitz. Lawrence Bakst setzt mit voller Kraft seine tenoralen Möglichkeiten ein und gibt einen ambivalent-leidenden Florestan. Hanna Niemeläs Pizarro ist ein brutaler Machtmensch; Plamen Hidjov verleiht dem Rocco die sonore Statur des kalkulierenden Biedermanns; Jaroslaw Sielicki ist ein kanzleimäßiger Minister mit erfreulich unverbrauchter Stimme. Thomas Löffler als moderater Jaquino und Julia Neumann mit quirliger Intonation als Marzelline geraten durch die indifferente Regie zu vernachlässigten Null-Figuren.

Manfred Kaderks Bühne zeigt im ersten Akt eine betonierte Lobby eines Flughafens, im zweiten Akt die darunterliegende Zelle der Abschiebehäftlinge – brutal-klaustrophob.

Rätselhaft die aktualisierte Geschichte Peter Beat Wyrschs; eine plausible Lesart: eine Abschiebesituation, die am Ende mit den selbst-befreiten Häftlingen (Hilfe durch die Frauen!) vom technokratischem Minister mit Vertretern der großen Weltmächte akzeptiert wird. Eine naive Vorstellung des Prinzips Hoffnung auf Weltniveau? Man sieht, staunt und mutmaßt. Beethovens Oper wird zum Rätselspiel.

Das muss sich nach der Premiere in Münster herumgesprochen haben: die Abonnenten waren im schwach besetzten Haus bei der zweiten Aufführung unter sich – kritische Provokation oder konventionelles Rettungsdrama stoßen offenbar auf mehr Zustimmung als komplex-dekonstruierender Realismus. (frs)


Fotos: © Michael Hörnschemeyer