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Fakten zur Aufführung 

AIDA
(Giuseppe Verdi)
19. Oktober 2007
(Premiere: 6. Oktober 2007)

Städtische Bühnen Münster


Points of Honor                      

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Gesang

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Das Publikum!

„Uni trifft Theater – Theater trifft Uni“, keine Abonnements, Studenten 4,50 Euro Eintritt, Erstsemester frei! Das Haus ist rappelvoll bis zum 3. Rang, und alle Plätze sind besetzt.

Die Erstsemester-Oper gehört in der Studentenstadt Münster offenbar zum ritualisierten Lebensgefühl – und das studentische Publikum vermittelt eine Atmosphäre erwartungsvollen Interesses, gespannter Aufmerksamkeit und respektvoller Akzeptanz.

Inszenierung und Bühne von Fred Berndt liefern diesem phantastischen Publikum die betont opernspezifischen Elemente eigener Phantasie-Entfaltung.

Mag dem „Aida-Kenner“ der Bezug auf die Entstehungshistorie der Oper allzu didaktisch daherkommen, mag die Gleichzeitigkeit von europäischen, osmanischen und altägyptischen Verhaltensweisen dick aufgetragen sein, verstellen die optischen Verweise auf die Bilder der Uraufführungs-Bühne den Blick auf die inneren emotionalen Prozesse der handelnden Personen -- die Patchwork-Konstruktion ist von frappierender kommunikativer Wirkung!

Aus wahrgenommenen Bruchstücken lässt sich offenbar eine je eigene Bedeutung assoziieren!

Orchester und Ensemble gehen in dieser Atmosphäre gebender und nehmender Kommunikation auf – der Chor verlässt die tristen Pfade der Routine, die Solisten spielen und singen mit hinreißendem Engagement, das Orchester lässt die Magie der Verdi-Musik rauschend-differenzierten Klang werden. Fabrizio Ventura dirigiert mit agiler Verve, die Bedeutungen der Partitur und die Möglichkeiten der Sänger aufmerksam im Blick.

Kristin Lewis gibt der Aida bemerkenswertes Profil (wenn da auch noch etwas an Geschmeidigkeit fehlt); Suzanne McLeod ist eine stolze Amneris, die in den tiefen Passagen brilliert und die Kraft ihrer Stimme punktgenau einsetzen kann; Mark Duffin ist ein jugendlich-unbeholfener Radames, der mit den großen sängerischen Herausforderungen gut zurechtkommt; Michael Bachtadze – als Gast aus Bielefeld – verleiht dem Amonasro ungemein facettenreiche Töne der Aggressivität und pathetischer Leidenschaft; Igor Durlovski als repräsentierender König und Plamen Hidjov als dominierender Ramphis verweisen mit ihren markigen Artikulationen auf archetypische Charaktere.

Dies alles – und die ambivalent Epochen karikierenden Kostüme von Regina Schill – ergibt einen intensiven Eindruck dessen, was Oper ausmacht: eine spannende Geschichte, fast filmisch wirkende Musik, enthusiasmierender Gesang --- aber auch die Demonstration opulenter optischer Bühneneffekte. Und das zu großen Teilen opernunerfahrene Publikum ist perplex, überrascht ob der sinnlichen Kraft einer „altmodischen“ Kunstform -- ist froh über neue Erfahrungen zur eigenen Selbstfindung.

Wenn am Ausgang ein paar irregeleitete Alt-Münsterländer konstatieren „...wir gehen doch besser ins Boulevard-Theater“ - spätestens dann begreift man: In Münster sollte es nur noch Oper für Erstsemester geben! (frs)

 


Fotos: Michael Hörnschemeyer