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Rossinis letzte Oper
Man soll gehen, wenn es am schönsten ist! So sah das auch Gioachino Rossini
und beendete seine erfolgreiche Karriere als Opernkomponist nach der Premiere
seiner Oper "Wilhelm Tell". Mit "Wilhelm Tell" schuf Rossini eine große
dramatische Oper in vier Akten, die schon fast Wagnersche Ausmaße annimmt.
In der konzertanten Aufführung des Staatstheaters am Gärtnerplatz wurde
das Sitzfleisch des Publikums immerhin vier Stunden strapaziert. Und das
bei der harten Bestuhlung des Prinzregententheaters! Dafür wurde man aber
mit einem außergewöhnlichen Werk belohnt, das in seiner Gesamtheit selten
auf die Bühne gebracht wird. Verstärkt durch Extrachor und diverse Gastsolisten
spielte das Staatstheater am Gärtnerplatz diese XXL-Oper in der deutschen
Übersetzung.
Natalie Boissy in der Rolle der Mathilde beglückte das Publikum mit virtuosem
Belcantogesang und die mörderische Tenorpartie des Arnold Melchthal meisterte
John Daniecki höhensicher. Thomas Gazheli in der Titelfigur des Tell sang
mit viel Intensität, doch leider irritierte seine extrem grimassierende
Gesangstechnik. Elaine Ortiz Arandes als Sohn Jenni war mit ihrer leichten,
aber strahlkräftigen Sopranstimme ideal besetzt. Den stimmlichen Kontrast
dazu bildete Alexandra Petersamer, die mit großer, dunkel timbrierter
Stimme die Mutter Hedwig verkörperte. Peter Loehle gab einen fiesen Gessler
mit kernigem Baßbariton. Weniger glücklich besetzt waren die beiden kleineren
Tenorpartien mit Florian Mock (Harras) und Michael Gann (Ruodi). Beide
besitzen wohl Höhe, man vermisst aber Leichtigkeit und Stimmglanz. Etwas
blass blieb Johannes Beck (Leuthold) wohingegen Jörg Simon (Walther Fürst)
und Christoph Stephinger (Melchthal) ihre Partien souverän ausfüllten.
Besondere Aufmerksamkeit konnte aber der Chor auf sich ziehen. Klanglich
rund und frisch in der Artikulation gelangen ihm musikalische Höhepunkte!
Stark gefordert wurde auch das Orchester, vor allem die Blechbläser. Unter
der Leitung von David Stahl erlebte man bereits in der berühmten Ouvertüre
den typischen Rossini-Drive und auch im weiteren Verlauf erfreute man
sich an einer ausgewogenen Klangbalance zwischen Sängern und Orchester.
Die insgesamt gelungene Aufführung wurde vom Münchner Publikum mit viel
Beifall und Bravorufen bedacht. Insider-Tipp: Erfahrene Besucher des Prinzregententheaters
bringen ein Sitzkissen mit. Absolut empfehlenswert! (ecd) |
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