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Fakten zur Aufführung 

PELLEAS ET MELISANDE
(Claude Debussy)
30. Juli 2004


Bayrische Staatsoper



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Der Zauber von Mélisande

Eine zarte, elfenhaft anmutende Frau mit hüftlangem, flammenrotem Haar huscht aus einer Tür. Die lange Schleppe ihres Kleides verhakt sich und sie kann dem hünenhaften Golaud, dem sie soeben begegnet ist nicht entkommen. Doch will die Schöne wirklich fortlaufen? Ihr Verhalten lässt keine klaren Schlüsse zu, denn es gibt auch Momente, in denen sie die Nähe von Golaud sucht. Mit kindlicher Neugier weist sie kokett auf sein ergrautes Haar, als sie ihn mit ihrer Schleppe regelrecht umgarnt. Außer ihrem Namen, Mélisande, gibt sie nichts von sich preis. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, ist ihr Golaud vollständig verfallen.

Schon in dieser ersten Begegnung lässt die Inszenierung von Richard Jones klar erkennen, dass die Beziehung zwischen dem reifen, besitzergreifenden Golaud und der jungen, introvertierten Mélisande auf ein sehr unebenes Fundament gebaut ist. Als sich Golauds jugendlicher Halbbruder Pelléas und Mélisande dann begegnen und verlieben, kommt es zur Katastrophe.

Bei der Münchner Neuinszenierung spielte sich dieses Liebesdrama in dem typischen Bühnenarrangement ab, das momentan en vogue zu sein scheint: Tristes Bühnenbild ohne Ausstattung mit historisch wirkenden Kostümen. (Bühne: Anthony McDonald; Kostüme: Nicky Gilibrand) Schon fast lächerlich erschien die erste Darstellung des Schlosses, das eigentlich mehr einem Humperdinckschen Hexenhaus in Strichmännchenmanier glich als einem Schloss. Die Innenansicht bot leider auch nichts Besseres: kahle weiße Wände, mit Pritschen versehen, vermittelten den Charme einer alten Irrenanstalt. Außerdem störten die teilweise langwierigen Umbaupausen, die den Handlungsfluß unnötig bremsten.

Doch wenn es gelang all dies zu übersehen, geriet man ganz in den Bann der fabelhaften szenischen und musikalischen Darbietung. Denn traumhaft spielte das bayrische Staatsorchester unter Paul Daniel, das mit seiner Klangmalerei vermittelte, was man im Bühnenambiente so schmerzlich vermißte, nämlich Farbe. Getragen von diesem Klangteppich konnten die Sänger befreit in ihren Partien aufgehen. Herausragend war Joan Rodgers in der Rolle der Mélisande. Mit ihrer kühlen, silbrig schönen Stimme brachte sie alle Nuancen dieser geheimnisvollen Frau ins Spiel; ob Elfe, Kind, Heilige oder Femme fatale.

Jungenhaften Charme versprühte Garry Magee als blonder, wuschelköpfiger Pelléas. Sein lyrischer Tenor stand im richtigen Kontrast zu dem dunklen, ausgereiften Bassbariton seines Konkurrenten und älteren Halbbruders Golaud. Diesen von Liebeskummer gepeinigten Mann nahm man Robert Hayward in jedem Moment ab. Den Großvater Arkel sang Clive Bayley mit Würde und wunderschönem Bass.

Catherine Wyn-Rogers (Geneviève), Gerhard Auer (Arzt) und Nikolay Borchev (Schäfer) füllten ihre Nebenrollen souverän aus. Besonderen Applaus konnte aber der jüngste Sänger des Abends einheimsen: Golauds Sohn, Petit Yniold, war mit einem Solisten des Tölzer Knabenchores (leider ohne namentliche Nennung) besetzt worden, der mit klarem Sopran und natürlicher Spielfreude begeisterte.

Ein großer Opernabend - dank Sängern, Musik und Regie! (ecd)




Fotos: © Wilfried Hösl