|
Caballetta und Spiegelei
Mit Verdis Frühwerk nach Schillers „Kabale und Liebe“ geben gleich drei international renommierte Künstler ihr Debüt in München: Die Sopranistin Krassimira Stoyanova singt zum ersten Mal als Premierenbesetzung die Titelpartie, und sowohl Regisseur Claus Guth, als auch Dirigent Massimo Zanetti geben ihren Einstand am Nationaltheater. Sicherlich ist das mit ein Grund für die große Präzision, durch die diese Neuproduktion auf szenischer wie auf musikalischer Ebene überzeugt.
Mit Ramón Vargas als Rodolfo und Paolo Gavanelli als Vater Miller sind zwei in München sehr beliebte Stars verpflichtet, und auch die weitern Solisten halten das exzellente sängerische Niveau. Zanetti führt Orchester und Solisten überaus engagiert und hält sie besonders in den komplizierten Ensembles bewundernswert genau zusammen. Dabei sprüht die Musik des 36jährigen Verdi vor Energie und Elastizität, ebenso wie die Stimmen des Traumpaares Stoyanova und Vargas. Beide zeigen große Kunstfertigkeit ohne auch nur einmal zu protzen und widmen sich voller Hingabe dem strengen Regiekonzept.
Claus Guth bekennt sich offen zu seinem Faible für Psychologisches. Es geht ihm bei Luisa Miller um das Thema Familie und Prägung, und so lässt er die Protagonisten gleich von mehreren Statisten täuschend echt spiegeln. Bisweilen schafft diese vielfache Familienaufstellung Verwirrung, besonders da der Intrigante Wurm- hervorragend gesungen und gespielt vom jungen Bassisten Georg Zeppenfeld- ebenfalls als Spiegelbild der männlichen Akteure erscheint.
Der Chor befindet sich von Beginn an außerhalb des Geschehens. Guth nimmt das tragische Ende des Liebespaares vorweg und lässt die Beerdigung im Hintergrund ablaufen- ebenfalls akkurat gespiegelt. Zeitlich befinden wir uns im 20. Jahrhundert, irgendwann zwischen den Fünfzigern und heute. Mit wenigen Requisiten schafft die Ausstattung den Kontrast zwischen kleinbürgerlicher Ärmlichkeit bei den Millers und kühlem Designer- Ambiente bei Graf Walter.
Als Höhepunkt dieser erstklassigen Vorstellung würdigte das Publikum Ramón Vargas mit einem besonders üppigen Zwischenapplaus nach der sensationell schön gesungenen Arie im zweiten Akt und bejubelte auch Krassimira Stoyanova und die Kollegen mehrere Vorhänge lang. (if)
|
|