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Zur wilden Rheintochter
Von Thomas Vitzthum
Brünnhilde heißt der Star des Abends. Zum einen singt Gabriele Schnaut
in Hochform, zum anderen stellt Regisseur David Alden diese Figur in das
Zentrum der neuen Götterdämmerung.
Kalte Laboratmosphäre stellt sich ein, wenn im spiegelnd weißen leeren
Raum (Bühne: Gideon Davey) die Menschen und Götter zum letzten Teil jenes
Spiels, des Schacherns um Macht und Einfluss zusammenkommen. Brünnhilde,
eine kettenrauchende, verkaterte Erscheinung und Siegfried, naiver, leichtlebiger
Yuppie (ein deutscher Antiheld), sind sehr gegensätzliche Figuren. Ihre
Liebe, die sogar den Weltuntergang in Kauf nimmt, mag man wenig überzeugend
finden. Alden lässt Brünnhilde mit Schreibmaschine und Aktenordnern bewaffnet
dem Lauf der Dinge, dem Kommenden nachspüren. Als Teil des Ergebnisses
ihrer Nachforschungen lässt er sie die nachdenklichen Worte ihrer Schwester
Waltraute (unheilvoll intensiv: Marjana Lipovsek) im playback mitdeklamieren
- eine geniale Idee zur Unterstreichung von Brünnhildes Wissen. Alden
hat aber eine pessimistische Botschaft: Das Wissen schützt Brünnhilde
nicht vor der Spirale der Gewalt, in die sie sich ziehen lässt. Am Ende
bleiben von der Zivilisation die Ratten, die übergroß von der Decke schweben.
Zuvor räkeln sich humorvoll drei erotische Damen in einer In-Bar ,Zur
wilden Rheintochter' mit Flipper und Fischattrappen an der Wand, um Siegfried
den Ring abzuluchsen. Jetzt sieht man gern über die weiße Einfallslosigkeit
der Bühne des ersten Teils hinweg.
Zubin Metha stellt sein sehr gut disponiertes Orchester in den Dienst
von Aldens Ideen, lässt ironisch lebendig bei den Rheintöchtern und grob,
brachial zum Auftritt der Mannen musizieren.
Die Sängerriege war hochkarätig. Matti Salminen gibt stimmgewaltig einen
zerrissenen Hagen, Nancy Gustafson seine verführerische Erfüllungsgehilfin,
Juha Uusitalo ist mit erdiger Stimme ein gebrochener Gunther, Stig Andersen
wird mit kultiviertem, nicht zu weichem Tenor perfekt seinem Siegfried
gerecht.
Ein Erlebnis war das Publikum, das den Regieein- und ausfällen, sowie
der Orchesterleitung mit Buh- und Bravogewittern antwortete. Frenetischer
Beifall für die Sänger. |
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