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Fakten zur Aufführung 

LA FORZA DEL DESTINO
(Giuseppe Verdi)
11. Juli 2005
(Premiere: 28.6.05)

Bayerische Staatsoper München

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Rampentheater

Was ist los mit David Alden? Jahrelang waren seine Inszenierungen irgendwie kultig, poppig, andersartig und modern. Man konnte auf rauchende Protagonisten, lächerliche Helden und blendende Leuchtschriften vertrauen. Aldens Rang als der Regisseur der Ära Peter Jonas ist unbestritten, doch seine Sprache hat sich verbraucht. Ist ihm das bewusst? Jedenfalls verstehe ich seine Inszenierung von Giuseppe Verdis sperriger „La Forza del destino“ als ein Dokument der Erschöpfung und Ideenlosigkeit, das uns weg vom geistfordernden Regie- hin zum alten Steh- und Rampentheater führt. Es finden sich noch Rudimente des Regiearsenals, doch stammen sie weniger aus dem Fundus des Personenregisseurs, als aus dem des Bühnenbildners Gideon Davey, Aldens treuem Vasallen.

Was Alden in Daveys psychedelisch tapezierten verschiebbaren Schubladenräumen mit den Charakteren in den üppigen Kostümen der Verdizeit inszeniert, bleibt klischeehaft: Leonora, die leidend Entschlossene, Alvaro, der draufgehend Trampelnde, Carlo, der rächend Hohlköpfige. Die Bewegungen sind müde und kraftlos, die Personen hingestellt, nicht aufgestellt. Auch der Zynismus der komischen Figuren bleibt vage. So wird das Werk tatsächlich zu einem „De profundis“, wovor sich schon Verdi fürchtete, der deshalb Preziosilla, Melitone und Trabuco als launige Schicksalsbrecher „Ernst“ genommen wissen wollte.

Am meisten Probleme habe ich mit dem Feldlagerbild des 3. Aktes. Unter den Klängen des wunderlichen Ratanplan-Chores werden Menschen erschossen, geschlagen und gestoßen, der Chor singt von Chaos, das Bild zeigt es. Alden beschränkt sich ausgerechnet hier auf undeutliche, stille Andeutungen – man hört keine Schüsse. Ohren aber, die mit dem Soldatenschicksal eines Wozzeck vertraut sind, hätten nach mehr visueller Brechung, mehr Brüskierung der glatt wirkenden Musik Verdis verlangt.

Violetta Urmana und Kurt Moll, die weit über die mittelmäßige Besetzung hinausragten, bemühten sich Klischeebilder aufzubrechen. Urmanas durchschlagender Sopran strahlte in den wenigen Momenten der Freude, flehte in der Verzweiflung und greinte in Augenblicken größter Niedergeschlagenheit. Ihre wenigen Piani vermittelten erstaunliche Eindrücke, etwa im Gebet des letzten Aktes. Dagegen waren Frank Porretta und Mark Delavan Naivlinge. Delavans Carlo blieb im Ton grau und ohne Überzeugungskraft. Porretta hingegen ist ein Tenore di forza, der die Partie des Alvaro schreiend hinter sich brachte, manchmal zu metallisch donnernden Höhen fähig war, aber in der Mittellage schon Stimmabnützung hören ließ. Lohnt der Ruhm einiger Alvaros und Manricos ein schnelles Karriereende? Unter den komischen Figuren gelang es allenfalls Franz-Josef Kapellmann als Melitone für ein wenig Witz und Brechung zu sorgen. Die ruchlose Figur der Preziosilla blieb der Stimme und Schauspielerei Dagmar Peckovas letztlich fremd.

Fabio Luisi machte im Graben viel Aufsehen. Jedoch mehr durch gewaltige Gesten und Bewegungen als durch die Musik. Das Staatsorchester spielte versiert, teilweise brillant, doch das echte Feuer brannte an diesem Abend nicht stärker als die wenigen Kerzen auf der Bühne.

Entsprechend war die Aufnahme durch das Publikum flau. Es gab Ehrenapplaus nach den Szenen und ein wenig Sängerjubel am Ende, immerhin hatten viele weit über 100 Euro hingeblättert – da wird Jubeln obligatorisch für den Seelenfrieden. (tv)


Fotos: © Wilfried Hösl