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Fakes
Im traditionsreichen Meininger Haus - auch wegen seiner Wagner-Konnexe
- ist ein zusammengewürfeltes Publikum von Opernfreaks reichlich empört,
überreagiert wie immer, wenn es meint, der Großmeister teutonischer Weihe
sei geschändet worden.
Alexander von Pfeil geht von aktuellen Persönlichkeitsstörungen aus, die
er in Wagners Tristan findet: Depressionen, Aggressionen, Lethargie; er
zeigt dazu eine Clique überdrüssiger Schickimickitypen aus der Foto-,
Film- und Werbebranche, die zur Leidenschaft Koks und Ekstasy benötigen
und ihren Narzismus permanent selbst inszenieren. Das Leben als Fake:
die Metapher der crash cars macht's optisch klar (Bühne: Christian Wiehle).
Nur. Wen interessieren die "Leiden" der happy few? Was für ein Aufwand
für eine klitzekleine Botschaft! Was für ein Missverhältnis der banalen
Existenzen zur epochemachenden Musik!
Das Orchester des Meiniger Theaters präsentiert sich in eleanvoller Perfektion,
Fabrizio Ventura entwickelt einen berauschenden Klang, ohne den pathetischen
Klischees aufzusitzen noch allerdings Wagner neu zu ergründen.
Unter den Solisten - man hat den Eindruck: ihr Spiel ist gehemmt, sie
identifizieren sich nicht mir der Inszenierung - sind Joo Il Chois wuchtiger
Kurwenal-Bariton sowie der souverän-volltönende, dennoch nuancenreiche
Mezzo der Brangäne Khatuna Mikaberidzes hervorzuheben; Pawel Izdebskis
König Mark als Pate im Rollstuhl lässt stimmliches Profil vermissen; Stephen
Ibbotson ist als Karikatur des selbstzerstörerischen Psychofalls im wesentlichen
mit dem stimmlichen Durchhalten beschäftigt und Ciarry Barthas Sopran
lässt im resignativen selbstinzenierten Ende der monströsen Fakes nur
noch wenig Glanz verspüren. (frs) |
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