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Fakten zur Aufführung 

PARSIFAL
(Richard Wagner)
5. April 2009 (2. Premiere)

Theater Meiningen
Südthüringisches Staatstheater


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Passionsspiel

In Meiningen inszeniert Gerd Heinz das „Bühnenweihfestspiel“ als Passions-Spiel, thematisiert die Suche nach Religiosität - mit der dazugehörigen Blasphemie, mit Selbstzweifel, Leiden am Glauben, Tod und Verklärung, Sehnsucht nach (spiritueller) „Erlösung“ – und die Hoffnung auf „Wunder“. Das permanent statische Deklamieren mit Verzicht auf intensives Zusammenspiel kulminiert im kollektiven Berühren einer grünen Glasschüssel, eben dem Gral – eine Absage sowohl an innere Religiosität als auch an Glaube und Vernunft: ein hilfloses Plädoyer für schieren Symbolismus, eine gefühlige Negation der aufklärerischen Werte – und das lässt sich nicht durch mögliche Verweise auf die Dialektik der Aufklärung relativieren.

Rudolf Rischers total reduzierte Bühne mit grauen Scheiben als bestimmende Elemente und stereotyp eingesetztem Licht schafft keine „Kommunikationsräume“ und verbreitet keinen Hauch von spiritueller Magie - es „funktioniert“ nicht! Die charakterisierenden Kostüme von Monika Frenz vermitteln unterschiedliche kollektive Zugehörigkeit (die Ritter in schwarz, die Blumenmädchen in rot), zeigen Parsifal in seiner Entwicklung vom Naturburschen zum Gralskönig – bleiben aber bloßes Dekor.

Hans Urbanek vermeidet mit der Meininger Hofkapelle das konventionell-weihevolle Pathos, badet aber zu sehr in der wirklich überwältigenden Streicher-Grundierung, um zu einem transparent-differenzierten orchestralen Gesamtklang zu gelangen – zu schweigen von überraschend neuen Hör-Erfahrungen, entspricht damit dem Inszenierungskonzept, begleitet das Sänger-Ensemble ausgesprochen sensibel.

Anna-Maria Dur gibt der Kundry im zweiten Akt differenziert-ausdrucksstarke Stimme, vermittelt mit ihrem kraftvollen Mezzo Verführung, Leidenschaft, existenzielle Verzweiflung und – ergreifend überzeugend – gläubige Demut. Dominik Nekel steht den kräfteraubenden Abend als Gurnemanz mit bravouröser Souveränität durch, wirkt total glaubwürdig als Bewahrer des Ordens, beeindruckt mit einem voluminös strömenden Bariton und emotionalisierendem Timbre. Hans-Georg Priese intoniert den Parsifal in seinen verschiedenen Entwicklungsphasen mit durchsetzungskräftig-hellem Heldentenor, versucht mit überzeugendem Nachdruck seine volumenreiche Stimme emotionalisierend einzusetzen, und es gelingen im Finale eindrucksvolle Paraphrasierungen mit intensivem Ausdruck. Erdem Baydars Klingsor gerät zu einem skurrilen Zauberer, verbleibt stimmlich im angestrengten Bemühen. Dae-Hee Shins Amfortas verbleibt im Leidend-Unverbindlichen, stimmlich ausgewogen, aber ohne imaginierende Ausstrahlung. Jörn E. Werners Titurel bleibt eine inszenierungstypische Rand-Erscheinung - und der Chor lässt beeindruckenden kollektiven Gesang hören, agiert aber in enervierender Unbeweglichkeit: da hat das Meininger Theater ein gravierendes Defizit, an dem intensiv gearbeitet werden muss!

Im Meininger Publikum macht sich während der langen fünf Stunden Lethargie breit - doch am Schluss verschafft sich enthusiastischer Applaus mit Standing Ovations Raum. Parsifal erstmalig in dem Theater-Mythos Meiningen: Das kann ja nur bejubelt werden! Übrigens: Das Regieteam glänzt bei der zweiten Premiere durch Abwesenheit. (frs)