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Fakten zur Aufführung 

DER FREISCHÜTZ
(Carl Maria von Weber)
6. März 2008
(Premiere: 9. September 2005)

Theater Meiningen
Südthüringische Staatsoper


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Der Grusel-Schütz

Es war 2005 die erste Musiktheater-Regie von Philipp Stölzl – und es ist ein hinreißend action-reiches Grusel-Märchenspiel entstanden, mit den Mitteln des phantastischen Stummfilms der Zwanziger Jahre; Musik und Gesang „illustrieren“ die gespenstische Szene.

Christian Rinkes Bühne wirkt durch eindringliches Schwarz, zitiert expressionistische Bauten, fasziniert durch gespenstische Natur, lässt Spielraum auf dem Proszenium – vor imaginierenden Bildern, die wie viragierte Stummfilm-stills wirken.

Die Atmosphäre des Grusel-Märchens vermittelt sich intensiv, das Lebensgefühl des romantisch-gebrochenen Biedermeier wird authentisch erlebbar, die elementare Kraft der Murnau-Ästhetik wird zur Hommage an den Stummfilm - doch das „Geheimnis“ des verblendeten Caspar, des kryptischen Eremiten, des mystisch-zerstörerischen Samiel und der Liebe zwischen Max und Agathe bleibt ungelöst. Eine intensivere Befragung der Weber-Musik hätte dabei helfen können.

Stefanos Tsialis geht mit der Meininger Hofkapelle mit verzögerten Tempi ans Werk, versteht sich offenkundig als „Filmmusik“, intensiviert die optischen Eindrücke und begleitet zuverlässig, ohne eigene Akzente zu setzen.

Das Ensemble der Meininger Oper überzeugt durch darstellerische Kunst und vortrefflichen Gesang: Erdem Baydar gibt dem Caspar die überzeugende Gestalt des gescheitert-verzweifelten underdogs, fasziniert mit seinem virtuos-hysterischen Lachen (!) und interpretiert diesen zerstörten Charakter mit flexiblem Bariton. Hans-Georg Priese spielt den bedrängten Max mit spürbarer Leidenschaft, singt die „großen Arien“ mit klarer Intonation. Daniele Dotts Agathe wird zu einer verhalten-emotionalen Frauengestalt, stimmlich souverän im lyrisch bewegenden Ausdruck. Lustvoll optimistisch das Ännchen Maria Rosendorfskys, heller Klang mit bemerkenswerten Zwischentönen. Dae-Hee Shin gibt einen feudal-karikierten Ottokar mit kerniger Stimme; Jörn E. Werner verleiht dem Eremiten kraftvoll-visionären Bass-Klang. Alle anderen Rollen sind typengerecht und stimmlich kompetent besetzt. Der Chor agiert individuell-virtuos, vermittelt kollektive Aggression und beeindruckt in den statischen Momenten – wirkt sängerisch allerdings unausgewogen, ohne Leidenschaft.

Schulklassen bevölkern das traditionsreiche Meininger Haus, sorgen für jugendlich-unbefangene Atmosphäre, aber auch für verdeckte Unruhe – die allerdings durch das permanente Gewisper und lautstarke Kommentieren vieler älterer Besucher akustisch locker übertroffen wird. Allerdings: Die Akzeptanz ist spürbar und der Schlussapplaus mit rhythmischem Klatschen intensiv und lang anhaltend. (frs)