Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

SEMIRAMIDE
(Giacomo Meyerbeer)
5. August 2006 (Premiere)

Festival della Valle d'Itria
(Palazzo Ducale, Martina Franca)

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 

zurück       Leserbrief

Heiteres Spiel

Das Festival della Valle d’Itria, beheimatet in der apulischen Barockstadt Martina Franca, wurde 1975 ins Leben gerufen und hat es sich zur Aufgabe gemacht, vergessene Werke der Opernliteratur wiederzubeleben und selten gespiele Stücke aufzuführen. Vom 20. Juli bis zum 10. August 2006 wurden auch in diesem Jahr drei weitgehend unbekannte Opern präsentiert und diverse Konzerte gegeben. 

Die Spielorte sind über die gesamte Altstadt verteilt – die  Opernaufführungen finden im Innenhof des historischen Palazzo Ducale unter freiem Himmel statt, die Konzerte in den verschiedenen Kirchen der Altstadt. Nach  „I Giuochi d’Arigento“ von Giovanni Paisiello und Mozarts “Idomeneo” in der Fassung von Richard Strauss kam am 5. und am 7. August die opera terza „Semiramide“ von Giacomo Meyerbeer auf die Bühne. Diese Fassung der „Semiramide“ nach einem Libretto von Metastasio ist im vergangenen Sommer in Bad Wildbad erstmals aufgeführt worden und erfuhr nun in Martina Franca ihre „prima rappresentazione in Italia in tempi moderni“.

Ein durchwegs junges, hochmotiviertes Ensemble war mit der Umsetzung des Stückes betraut worden und ging mit verspieltem Übermut ans Werk. Alexander Edtbauers Regie zeichnete sich durch gelöste Heiterkeit aus. Die verwirrende und streckenweise unlogische Geschichte wird mit viel Gespür für die Feinheiten des Sujets durchsichtig gemacht.

Ursprünglich in legendärer babylonischer Vorzeit angesiedelt, hat das Team die Handlung in die Entstehungszeit der Oper Anfang des 19. Jahrhunderts verlegt. Die große Zeit der Antikenbegeisterung, der Mode „alla turca“, der übertrieben romantischen Gefühligkeit, der großen Gesten, der Duelle ist der Hintergrund für eine muntere Inszenierung nach bester Art eines Mantel- und Degenfilmes, an dessen Farbigkeit und Lebensfreude man sein Vergnügen hat.

Die Bühnenbildnerin Karen Hilde Fries verstärkt mit Ihrer phantasievollen, wandelbaren Szenerie diese Intentionen des heiteren Spiels. Trotz technischer Beschränkungen einer Freilichtaufführung wird mit dem Aufgreifen von Motiven des Babylonischen Ischta-Tores der Geist der Antike lebendig.

Die Titelpartie der verkleideten Semiramide stellt Clara Polito dar (dem Publikum von Martina Franca aus dem Vorjahr bekannt als Romeo in „I Capuleti e i Montecchi“ von Bellini), einer jungen Sängerin mit klarem Koloratursopran, die diese schwierige Rolle anscheinend schwebend meistert. Eufemia Tufano gibt den Geliebten Scitalce mit warmem Mezzo; sie war ebenfalls schon in vergangenen Jahren hier zu hören, wie auch der Bass Federico Sacchi, der seiner Rolle als verloren geglaubter Bruder der Semiramide eine bezaubernd-rührende Seite als großer romantischer Liebender verleiht.

Die anderen drei Darsteller sind Debütanten in Martina Franca. Allen voran Aldo Caputo mit jungem, strahlendem Tenor. Es ist ein Genuss, ihm zuzuhören; diesen Namen wird man sich merken müssen. Stefania Grasso ist die reizend unbedarfte Prinzessin Tamiri; auch eine Stimme, die aufhorchen lässt. Die “undankbare” Rolle des Abends fällt dem Tenor Roberto De Biasio zu. Als intriganter Sibari ist er der Drahtzieher so mancher Verwicklung, doch von der Regie besonnen geleitet, kann er der Partie nicht nur schöne Töne abgewinnen, sondern auch so manche Sympathie erringen. Die Herren des Coro Slovacco di Bratislava sind stimmlich und darstellerisch bestens aufgelegt.

Am Pult führt Maestro Rani Calderon glänzend und umsichtig, atmet mit seinen Sängern und vermittelt das Gefühl, dass hier Musik und Regie wunderbar harmonieren.

Das Publikum ist international. Aufgeschlossen und aufmerksam wird die Vorstellung verfolgt. Hier und da sieht man allerdings das Display einer Videokamera leuchten, was man wohl bei derartigen  Aufführungen mittlerweile als allgemeine Unsitte einstufen darf. Langer, zustimmender Applaus. (kst)


Fotos: © Karen Stuke