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Fakten zur Aufführung 

ALI BABA UND DIE VIERZIG RÄUBER
(Dietrich Taube)
10. Dezember 2005
(Premiere: 23.11.05)

Landesbühne Hannover
(Theater Marl)

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Geplündertes Märchen

Der Untertitel hätte allen zu denken geben können – aber so sind Menschen nun mal, sie wollen das Wahrscheinliche eben nicht sofort wahr haben. Hätte man den Untertitel ernst genommen, wäre die Enttäuschung über das, was sich inhaltlich auf der Bühne tat, nicht gar so arg gewesen, denn mit dem Märchen von Ali Baba und den vierzig Räubern hatte das nicht allzuviel zu tun. Reduce to the max, wie ein ehemaliger Smart-Werbeslogan vorgibt, war eventuell auch die Absicht des Autors Dietrich Taube, doch was dabei herausgekommen ist, war leider nicht die erhoffte Qualität, sondern ein geplündertes Märchen, bei dem neben zahlreichen Räubern auch Kasim, der Bruder Ali Babas sowie seine spätere Dienerin Morgiane, im Original die eigentliche Bezwingerin der vierzig Räuber, und in manchen Ausgaben der Märchen auch als Mardschana bezeichnet, gänzlich auf der Strecke bleiben.

Hinzu gekommen sind aber hanebüchene, immer wiederholte Erklärungsversuche, warum die tatsächlich nur vier auf der Bühne befindlichen Räuber als eben vierzig durchgehen sollen und logische Fallstricke, die bereits sechsjährigen Kindern auffallen, bei der Begründung, warum die Markierung aller Haustüren besser sei, als die eine an Ali Babas Tür zu entfernen. Allesamt Mängel, die noch vor einigen Jahren für Klagen unter den Zuschauern gesorgt hätten, doch wenn weder Eltern noch Kinder über die Kenntnis des Märchens verfügen, nimmt man die vorgeführte Geschichte bezüglich der Vorlagentreue offensichtlich teilnahmsloser hin.

Was es aber nun zu sehen und zu hören gab, ganz, ganz frei nach Tausendundeiner Nacht, war ein spaßiger Auftritt von Jens Krause als tölpelhaftem Ali Baba und seiner Frau, hier Mardschana genannt, die von Carina Drews wenig konsequent als die intelligentere von beiden verkörpert wurde. Unter der Regie von Claudia Göbel, aus deren Feder auch die Songtexte stammen, fehlten den Gesangspassagen insbesondere der vier Räuber die akustische Verständlichkeit. Die Dramaturgie von Bettina Wilts sorgte hier zum Glück für einen angenehmen Widerpart, der aber die so entstandene inhaltliche Lücke nicht vollständig zu schließen vermochte.

Das Bühnenbild, ebenso wie die ansprechend farbenprächtigen Kostüme in der Verantwortung von Monika Frenz, überzeugte nicht zuletzt durch die geheimnisvolle Höhle, die sich nicht nur für die Räuber, Ali Baba und seine Frau sondern auch für den Zuschauer öffnete. Warum der alte Zauberspruch, der den Fels sich öffnen lässt, jedoch nicht mehr „Sesam öffne dich!“ heißen darf, sondern in „Sesam, Sesam öffne dein Tor!“ mutiert, bleibt wohl das Geheimnis des Autors.

Insgesamt sahen die Zuschauer mit Ali Baba und seinen Räubern ein mäßig unterhaltsames Stück, dessen Finale zwar furios daherkommt, aber sich mit dem Refraintext „Ali Baba heißt der Mann, der Mann der einfach alles kann“ selbst ad absurdum führt. Der Ali Baba dieses Stücks ist nur ein Tolpatsch. Mit seinem Vorbild aus den Erzählungen Scheherazades hat er, wie das ganze Stück, nur die gegenseitigen blumigen Benennungen Ali Babas und Mardschanas gemein, auf die wiederum am ehesten zu verzichten gewesen wäre, richtet sich das Stück doch in erster Linie an Kinder, die das Benennungs-Stakkato weder zu verstehen noch einzuordnen in der Lage sind. (ue)


Fotos: © Ralf Orlowski