Plakativ
Eine portal-füllende Tresorwand öffnet sich, gibt den Blick frei auf eine bühnenweite Treppenlandschaft, ab und an angereichert durch dramatisierende Vorhänge, dazu ein imaginatives Licht. So wie Andreas Szallas plakative Bühne agieren die Personen in Chris Alexanders Regie opernhaft-plakativ: einsame Distanz, malerische Ensembles, wenig Psychologie - dafür der spannende Konflikt um die Angst, der Ausgestoßene zu sein.
John Horton Murray gibt trotz Allerdie-Indisposition dem stigmatisierten "Fremden" Othello fantastisch modulierende Stimme. Jaco Venter ist mit brausendem Bariton eher der schwerkriminelle Jago als der Dämon. Sensationell mit glasklaren Höhen voller Strahlkraft und warmer Tiefe Galina Shesterneva als ergreifende Desdemona. Das Mannheimer Ensemble belegt die absolute Qualität des renommierten Hauses.
Das Orchester des Nationaltheaters intoniert unter Axel Kober ungeheuer effektvoll, lässt aber Feinheiten vermissen und überrascht mit vielen Unsauberkeiten in den Einsätzen.
Bei drückender Schwüle lässt sich ein zunächst lethargisches Publikum auf die enorme optische, musikalische und sängerische Suggestivkraft ein und bejubelt alle Protagonisten mit genussvollem Applaus. Das große Repertoire des Nationaltheaters verbirgt offenbar viele Schätze - der "Othello" ist eine 1997-Produktion! Allerdings sollte sich das Haus für die italienische "Otello"-Schreibweise entscheiden, wie auf dem Besetzungszettel geschehen. (frs)
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