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Fakten zur Aufführung 

PETER GRIMES
(Benjamin Britten)
1. April 2006 (Premiere)

Staatstheater Mainz

Points of Honor                      

Musik

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Archaischer Sog

Sie alle können sich vom Sog archaischer Konflikte nicht befreien: die Fischer, Ellen Orford, die "Bürgerlichen", Peter Grimes. Gottfried Pilz lässt alle hoffnungslos aggressiv gesteuerten Individuen an einer drehbaren Barriere agieren - die "Bar" im Gesicht, im Pub, am Meer, Grenze zwischen den Gruppen, kollektiver Halt. Es bietet sich ein Bild des hilflos aggressiv-distanzierten Gegeneinander-Nebeneinander. Dazu frappierende Effekte der Video-Projektion: Schattenspiele, Verstärken des Allgemein-Gültigen z.B. durch Bilder von Menschenmengen, die über Unschärfen zur Woge werden. Am Bühnenrand: der tote Grimes - ein heuchlerische bedauertes Opfer. Pilz führt das sensible Ensemble zu eindrucksvollen Szenen bösartiger Distanz: Der Mensch ist des Menschen Wolf. Philosophie als schwarzes Theater.

Alexander Spemann gibt dem desolaten Grimes emotional-ambivalente Stimme; Elizabeth Hagedorn bleibt mit eher hart-dramatischer Intonation der compassion Ellen Orfords die Hingebung schuldig; Karsten Mewes ist - durchgängig sonor - ein allzu eindimensionaler Balstrode, wie auch das übrige Ensemble die Fähigkeit zu stimulierenden Zwischentönen vermissen lässt.

Musikalisch wird die Interpretation der Musik Brittens (1945 - mit dem nicht verarbeiteten Erlebnis des Kriegs) zu einer Wiederbelebung totgesagter Vertonung englischer Musiktraditionen: Catherine Rückwardt gelingt mit dem solistenstarken Philharmonischen Staatsorchester Mainz eine Glanzleistung der Interpretation musikalischer Strukturen: die sinfonischen Zwischenspiele geraten zu imaginierenden Deutungen einer abgrundtief skeptischen Weltsicht.

Das Mainzer Premierenpublikum nimmt das Angebot zur reflektierten Auseinandersetzung zustimmend auf, erlebt die seltenen Momente des Theaters als gesellschaftliches Nachdenken als eigene Herausforderung. (frs)


Fotos: © Bettina Müller