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Fakten zur Aufführung 

FLAVIUS BERTARIDUS
(Georg Philipp Telemann)
15. März 2008
(Premiere: 1. März 2008)

Theater Magdeburg


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Quer durch die Zeiten

Es ist eine lustvolle Mischung von Barock, Kolportage und Comic bzw. soap, diese verquere Geschichte um den König der Langobarden: Cordula Däuper versucht erst gar nicht, dem „philosophischen“ Gehalt der wüsten Geschichte um Usurpation, Liebe, Eifersucht und Rache nachzuspüren, sondern setzt auf die Schauergeschichte quer durch die Zeiten. Dazu erfindet sie animierende Personenkonstellationen, arbeitet mit Ironie und Satire, verblüfft mit skurrilen Situationen, karikiert pfiffig die starren Regeln der barocken Opernregeln - ohne die Personen mit ihren archetypischen Gefühlen zu desavouieren.

Dazu passen die flexibel-ambivalenten Bühnenbauten Jan Müllers (ein Sieges-Essen im Zeichen barocker Wildbret-Stilleben, eine archaisierende Freizeit-Area mit abgeteilten „Käfigen“, zwei Projektionsflächen im Proszenium mit filmisch-erklärenden stills und pointierten Sequenzen) sowie die konsequent ahistorischen Kostüme von Mareile Krettek mit ihren Verweisen quer durch die Zeiten. Es entsteht ein vulgär-historisches Pandämonium von Macht und individuellen Begierden.

Francesco Corti interpretiert mit der Magdeburgischen Philharmonie einen ungewöhnlich „lebendigen“ Telemann: da wechseln Tempi und Dynamik, da brillieren einzelne Instrumente und Instrumenten-Gruppen, da werden „Affekte“ angefeuert und konterkariert, da schwelgen barocke Instrumente in opulenten Melodien, da gibt es eine brillante Balance zwischen Orchester und Bühne - und dies alles im Dienst einer nachvollziehbaren Emotionalität.

Ulrike Mayer – der ausgebootete König Flavius – kommt wie ein backpacker zurück, trifft auf geflüchtete Frau und Sohn sowie Schwester, die mit dem Usurpator Grimualdus zur unfreiwilligen Königin geworden ist. Sie singt die barocken Herausforderungen mit souverän-agiler Ausdruckskraft, strahlt individuell empfundene Gefühle aus und fasziniert mit stimmlicher Klarheit. Ulf Dirk Mädler gibt dem abgründigen Grimualdus sowohl flexibel darstellerisch als auch sängerisch-kraftvoll emotionalisierende Statur. Evmorfia Metaxaki ist die sehnsüchtige Rodelinda mit hell-akzentuierendem Sopran, Helena Günther ihr angepasst-verunsicherter Sohn Cunibert mit kühn-leuchtender Stimme. Denise Pelletier singt als leidende Flavia ergreifende Lamenti und Peter Diebschlag ist als intriganter Orontes ein flexibler Bariton; Peter Wittig schließlich hält als Faktotum Onulfus aus der Inspizienten-Ecke die Handlung ironisch in Gang.

Neben Kammerkonzerten und Oratorien ist der Flavius die einzige Oper im Rahmen der Magdeburger Telemann-Festtage, und der „freche“ Zugriff auf den Präzeptor der „Affektenlehre“ irritiert dann schon den einen oder anderen „Alt-Telemannianer“ – doch die Begeisterung im Magdeburger Haus ist groß, prima Unterhaltung wird anhaltend bejubelt! (frs)
 








Fotos: Theater Magdeburg