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Fakten zur Aufführung 

EUGEN ONEGIN
(Peter Tschaikowski)
5. Februar 2006
(Premiere: 8.10.05)

Theater Magdeburg

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

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Kulturindustrie

Wer die „Verdoppelung“ als anti-aufklärerische Strategie der Kulturindustrie erkennt und diese Verdoppelung auf der Opernbühne noch mal verdoppelt, der trägt – so funktionieren dialektische Kommunikationsprozesse – sein Teil zur Stabilisierung der Kulturindustrie bei. So passiert das Vera Nemirova mit ihrem Onegin in einer peppigen Alltagszeit. Ein exaltierter Waschlappen (Lenski), ein penetranter Schnösel (Onegin) und eine pampige verzogene Göre (Tatjana) werden in ihren pubertären Lüsten einer Clique knutschender Teenies gegenübergestellt, die sich im Schlussakt in einer Signierstunde als Literaturfans verwandeln und von Gremin im besten Wickert-Stil moralisch abgesemmelt werden. Inzwischen hat sich Lenski selbst erschossen, man hat sich gegenseitig per Video verdoppelt und Tatjana ist zur Schicki-Micki-Lady mutiert und die Zuschauer werden zu Voyeuren – so what?

Und auf der Bühne entpuppt sich das zappelige Hin und Her nicht als Spiel mit Konventionen, sondern als konventionell-aufgeregte Personenführung. Das Ganze: eine Missachtung des Puschkin-Tschaikowsky-Mythos vom Leiden an der unbegriffenen Gegenwart. Lattenverkleidete Kiefernstämme signalisieren den auf Abbruch stehenden Park (in dem Tatjanas Büchersammlung haust, der auch ihr Schlafzimmer ist, und der zugleich Ort des Balls wird). Die Schlussszene vor einer elitären Bücherwand: Stefan Heynes Bühne ist eben dem ambivalent-aktuellen Regiekonzept verpflichtet.

Dem Ensemble bleibt nichts anderes übrig, doch gibt auch der Gesang wenig Anlass zu freudiger Rezeption: Denise Pelletiers Tatjana bleibt zu eindimensional quengelig; Roland Fenes hat als Onegin wenig stimmliche Präsenz; Iago Ramos gibt dem Lenski spitze Töne und auch Paul Sketris bleibt als mosernder Gremin blass.

Mikhel Kütson geht mit der Magdeburgischen Philharmonie forsch zu Werke, vermeidet larmoyante Süße, doch gelangt nicht zu schlüssiger Konzeption und verpasst die Chance zu einem aufmerksamkeitserregenden Tschaikowski-Klang.

„Das passt ja alles nicht zusammen“ – so kommentieren Besucher das Erlebte, treffen damit den Kern des Problems. Ansonsten verderben permanent-ungehemmte Bördeland-Hustenkracher den akustischen Genuss. (frs)