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Fakten zur Aufführung 

TSAAR SALTAN
(Nikolai Rimski-Korsakow)
6. März 2009

Theater aan het Vrijthof Maastricht


Points of Honor                      

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Märchenhaft!

Das macht Märchen so unsterblich: Die Gierigen scheitern, ihnen wird verziehen, die Guten haben das symbolische Sagen – und das Volk ist glücklich. Das ist wie aus dem aktuellen Krisen-Leben gegriffen – obwohl: es stammt aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts, von Puschkin literarisch geadelt, von Rimsky-Korsakow 1900 als Spiel-Oper komponiert.

Sybrand van der Werf nimmt sich des zeitlosen Sujets an, realisiert die dramaturgischen Vorgaben mit demonstrativ-märchenhaftem Erzähler, szenischen Wechseln von Soli über Ensembles zu konstruierten Tutti, inszeniert im Rhythmus der musikalischen Elemente und verpasst der Geschichte einen unwiderstehlichen Schuss genussvoll ausgespielten Humors. Selbstbewusste Dekonstruktion ironisiert die Konventionen, lässt den Personen ihre Charaktere – und korrespondiert nachgerade subversiv mit der hintergründig-melodiösen Musik Rimsky-Korsakows.

Douwe Hibma erfindet eine distanziert-phantasievolle Bühne: eine Insel (eine zu ahnende Versenkung) inmitten tobender See, schlagenden Wellen (realisiert durch gewaltig wallende Tücher) und einer variabel schwebenden (Himmels-)Scheibe mit offenen Spielräumen für die Chöre.

Marrit van den Burgt steckt die Handelnden – die intrigante Einflüsterin Barbaricha, die bösen Schwestern, die gepeinigte Zarin, den Zar Saltan und den zauberhaft auftauchenden Zarensohn Gvidon – in zeitgenössisch-karikierende Kostüme. Als Highlight gelingt ihr die Verwandlung des Schwans in die allmächtige Prinzessin: ein grandioser Einfall des Wechsels von übergestülptem Gefieder zum Luxus-Kleid!

Geradezu hinreißend die musikalische Interpretation der anspielungsreichen Rimsky-Korsakow-Musik durch das Limburgs Symfonie Orkest unter Leitung von Antony Hermus: da schwelgen die lang ausgeführten „Leit-Ideen“ im Wagner-Stil, da werden lang ausholende Crescendi zelebriert, da wechseln intensive Piano-Passagen mit kontrollierten Forte-Eruptionen – und da wird das Zusammenspiel von Flöte und Streichern beim Hummel-Tanz zum orchestralen Kabinettstückchen!

Dies alles wird szenisch eingängig umgesetzt: Harrie van der Plas ist der unbegriffen-obsiegende Prinz Gvidon mit einschmeichelnder Intonation; Lenka Brazdilikova gibt die aus dem wundertätigen Schwan geborene Prinzessin; Fenna Ograjensek karikiert eine geopferte Zaren-Braut; Lucia Meeuwsen interpretiert die fatale Babaricha; Karin Strobos und Kim Savelsbergh agieren als die bösen Schwestern; die Seeleute treten dominant auf, und der Chor übernimmt souverän die Rolle des jubelnden Volks. Dies alles sorgt für ein turbulent-aktionsreiches Bühnengeschehen - doch sängerisch bleiben einige Wünsche offen: zu wenig Strahlkraft haben vor allem die Stimmen von Harrie van der Plas und Lenka Brazdilikova, da ist in den weiteren Vorstellungen von Heerlen bis Eindhoven mehr Bravour gefragt!

Die Premiere im wunderschönen Theater aan het Vrijthof in Maastricht ist ein festliches Ereignis, das Publikum reagiert auf die versteckten Anspielungen sehr verständnisvoll - und feiert vor allem das Orchester und das ideenreiche Regie-Team. (frs)