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Fakten zur Aufführung 

DIDO AND AENEAS
(Henry Purcell)
3. Oktober 2009
(Premiere: 26. September 2009)

Theater aan het Vrijthof Maastricht
Opera Zuid Niederlande


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Eine Zeremonie

Didos verstorbener Gatte wird zeremoniell zu Grabe getragen. In der Regie von Hans Nieuwenhuis dauert das mit Aufmarschieren, Salutieren, Präsentieren und Deklamieren gefühlsmäßig länger als die Beisetzungs-Zeremonien von Koningin Wilhelmina – und ist erheblich langweiliger. Aber der Regisseur hat sich auf das Zeremonielle fixiert – lässt auch in dem so eruptiven Liebesdrama zwischen der karthagischen Königin und dem erobernden Trojaner niemals Emotionen zu, behandelt die Geschichte wie ein steifes Staats-Ereignis. Ritualisierte Bewegungen und Gesten bestimmen die Szene: emotionale Spontaneität hat keinen Platz. Offenbar hat Nieuwenhuis ein eher akademisches Verhältnis zu Purcells genialischem Werk, rubriziert es als Inkarnation kirchlich bestimmten Früh-Theaters.
So bleibt die leere, weiß bespannte Bühnen-Schräge nicht mehr als eine assoziationsfreie Spielfläche, mit bloß ästhetisierenden Licht-Effekten Trui Maltens, auf denen sich die leblosen Figuren in zeremonialen Kostümen von Robby Duiveman wie Zombies bewegen.
Das Collegium Ad Mosam singt entweder starr positioniert auf dieser Fläche oder als kommentierender Chor dahinter im Stil korrekten Barock-Singens – und spielt das Orchester unter Huub Ehlen notengetreu ohne Leidenschaft, bisweilen ziemlich unabgestimmt, jedenfalls ohne Charisma - von musikalischem Furor wird nichts hörbar, nicht einmal im aufsässigen Matrosen-Chor, und schon gar nicht in den Verschwörungen der Zauberin oder in den ergreifenden Lamenti Didos. Fade.
Für die Solisten ist diese blutleere szenische und musikalische Zeremonie eine undankbare Aufgabe: Catherine Daniel lässt ahnen, dass ihre substantiell reiche Stimme zu mehr Ausdruck in der Lage ist; Dorine Mortelmans hält sich als Belinda hörbar zurück; Jussi Lehtipuu ist ein Aeneas ohne wirkliche Emotion – die Hexen werden auf Dido und Belinda verlegt – was aber bloße Verrätselung bleibt, ohne imaginierende Kraft.
Es kooperieren die agile Opera Zuid, das experimentierfreudige Opera Studio Nederland, das historisierende Collegium Ad Mosam und die Opera Royal de Wallonie: doch ein großer Aufwand ward schmählich, ach, vertan.
Das schöne Theater aan het Frijthof in Maastricht – Europas Kulturhauptstadt 2018 (!) – ist ausverkauft, ein wunderbar konzentriertes Publikum nimmt das Gebotene mit großer Aufmerksamkeit zur Kenntnis (viele Huster und Schnaufer sind offenkundig Opfer der in Limburg grassierenden Grippewelle), und auch die vielen jugendlichen Besucher lassen sich auf die zeremonielle Handlung und den quasi-authentischen Purcell-Klang ein. Respekt auch vor Unverständlichem und die Suche nach Sinn im Unbekannten – das sind die Voraussetzungen einer funktionierenden Theater-Kommunikation. Beneidenswertes Maastricht!

Franz R. Stuke