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Fakten zur Aufführung 

ANDREA CHENIER
(Umberto Giordano)
13. Februar 2007
(Premiere: 9.2.07)

Opera Royal de Wallonie Liège

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

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Verismo Gesang par excellence

Der australische Tenor Julian Gavin singt die großen italienischen Rollen weltweit - in der Lütticher Oper gelingt ihm mit dem Andrea Chenier eine Weltklasse-Leistung des Verismo-Gesangs: kraftvoll, vibrierend, leidenschaftlich, mit emotionalen Zwischentönen, stupend in den eskalierenden Höhen, hinreißend in legato und brio, geradezu sensationell im Aushalten der Final-Töne - allerdings darstellerisch auf Stereotype fixiert und in der „Ausstrahlung“ entwicklungsbedürftig. Lisa Houben ist als Maddalena eine adäquate Partnerin; sie gibt mit ausdrucksvollem dramatischem Sopran der sich existentiell verändernden jungen Frau überzeugend-anrührenden Charakter. Liliana Mattei beeindruckt mit konsequent geführtem Mezzo als treue Bersi (auch darstellerisch!) und Seng-Hyoun Ko gibt dem revolutionär-ambivalenten Gerard spannungsvolle Statur. Die comprimarii bestätigen die hohen Erwartungen an das Gesangsniveau der Opera de Wallonie.

Marco Zambelli benötigt mit dem Orchestre de l’Opera Royal de Wallonie in dem akustisch schwierigen Raum überraschenderweise einen ganzen Akt, um die komplexe Giordano-Partitur mit ihren Verweisen auf charakterisierende Musiktraditionen in den verismo-typischen „Griff“ zu bekommen - dann allerdings ist ein hochdramatisches Feuerwerk auch in den Details zu hören.

Claire Servais lässt mit ihrer zurückhaltenden Regie den Furor der Revolution außen vor, will wohl die inneren Vorgänge der Protagonisten betonen. Das gelingt aber nur in den letzten Szenen mit einiger Überzeugungskraft.

Auch die Bühne Dominique Pichous vermag nur in den plakativen Schlussbildern Betroffenheit zu vermitteln - bis dahin langweilig-unperfekte Treppen und Vorhänge. Die Lichtregie Olivier Werys tut ein weiteres zu dem faden optischen Eindruck: das Licht versickert, als ob man es nicht wahrnehmen solle.

Das Ambiente der traditionsreichen Lütticher Oper wirkt - mit Verlaub - verschlissen. Eine überaus freundliche menschliche Atmosphäre wird durch zerfaserte Teppiche, ramponierte enge Sitze (an denen auch die Nummern demontiert sind), Risse in den Wänden und anachronistische sanitäre Anlagen erheblich konterkariert. Darüber hinaus eine abweisende Tiefgarage, verwinkelt und geruchsintensiv wie man das von „Problemzonen“ kennt - da sollte doch mal etwas geschehen (auch im Sinne von „Strukturwandel – Kulturwandel“ von dem wir im Ruhrgebiet ja einiges erleben!).

Ein vertrautes Publikum - man sieht auch niederländische Busse vor dem Haus, trifft auf deutsche Besucher - bejubelt engagiert das großartige Sängerensemble, zeigt sich mit Regie, Bühne und Licht zufrieden - Lüttichs Oper bedient offenbar den tradierten Geschmack eines aussterbenden Publikums, das museale Oper erwartet. (frs)