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Fakten zur Aufführung 

BEVOR WIR ALLE ERTRUNKEN SIND
(Kalevi Aho)
22. Mai 2002


Bühnen der Hansestadt Lübeck


MEDITATIVES

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Ausgangsstoff für die finnische Oper ist ein Hörspiel; es geht um reflektierende Rückblenden nach dem Suizid einer Krankenschwester aus Verzweiflung, zerstörter Liebe, Arbeitsüberlastung, Weltschmerz - mit der Hoffnung auf Rettung, "bevor wir alle ertrunken sind". Die Komposition Ahos bezieht sich ungemein intensiv sowohl auf die akustische Vorlage als auch auf die differenziert klangmalerische Funktion der Musik, manche Passagen erinnern an Janacek, andere an Gorecki, atonales spielt keine Rolle. So entsteht mit satten Streichern, dunklen Bläsern, gedämpftem Schlagzeug eine durchgängig morbide Atmosphäre, bestimmt von Naturmythos und meditativem Karma.

Dieses psychologisierende Melos interpretiert das Philharmonische Orchester der Hansestadt Lübeck unter Alexis Agrafiotis sehr klangschön, übers Ohr ins Gefühl gehend, einzelne Instrumenten und -Gruppen sacht hervorhebend.

Für die Sänger ist melodischer Sprechgesang vorgesehen, allerdings behindert durch einen Text, der zwischen holpernder Wortwahl ("Sterbende im Unabänderlichkeitsgefühl") und Platitüden ("die Liebe ist ja Licht, das sich bricht, wie der Liebende es mag") - das mag als Stilmittel gemeint sein, nervt aber au die Dauer (der Text ist auf der Übertitelungsanlage zu lesen). Das hoch engagiert präsente Ensemble wird mit dieser Crux souverän fertig, geht in den typisierenden Rollen glaubhaft auf und beeindruckt durch stimmliche Kompetenz. Angela Nick ist 150 lange Minuten auf der Bühne, vermittelt mit ihrem weich timbrierten Sopran alle Resignation und utopische Hoffnung der Maija mit bewegender Intensität.

Inszenierung (Johannes Koegel-Dorfs) und Bühne (Barbara Rückert) schaffen die kommunikativen Angebote für das meditative Erlebnis. Ruhige Abläufe ziehen in ihren Bann, die zweigeteilte Bühne (oben Straßenszenen, unten Rückblenden und Maijas Reflexionen) ermöglicht die Identifikation des Publikums.

Die individuelle Meditationsoper als Menschheitsdrama findet beim eher reservierten Lübecker Publikum positive Resonanz; die Deniere ist außerordentlich gut besucht; Werk, Sängerdarsteller und Orchester erfahren leidenschaftliche Zustimmung! Zu Zeiten intensiver Sinnsuche scheint Ahos populär-nachdenkliches Angebot latente Bedürfnisse zu treffen! (frs)


Foto: © Angela Nick