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Fakten zur Aufführung 

HÄNSEL UND GRETEL
(Engelbert Humperdinck)
1. Januar 2009

Royal Opera House Covent Garden London


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Alptraum im Eichhörnchenwald

Humperdincks Märchenoper gehört im deutschsprachigen Raum zum Standard-Weihnachtsrepertoire und in London wurde nun versucht, trotz des deutschen Textes das Werk in einer liebevollen, pfiffigen Inszenierung ebenfalls zur Weihnachtszeit unter das britische Volk zu bringen.
Trotz des Vorstellungsbeginns um 18 Uhr überwiegt das erwachsene Publikum, allerdings tritt mit dem blutjungen britischen Dirigenten Robin Ticciati noch ein halbes Kind an das Dirigentenpult, von wo aus er mit sichtlicher Freude und tänzerischem Schwung Humperdincks volkstümlich-spätromantische Klänge entfesselt. Duftig und leicht kommt die saftige Orchestrierung hier daher, besonders im Wald und beim Hexenritt fehlt ein bisschen das düster-deutsche Element.
Patrice Caurier und Moshe Leiser zeigen im ersten Akt ein kleines Kinderzimmer in der Guckkastenbühne, in dem Gretel (zierlich und mit feiner Stimmführung: Camilla Tilling) und ihr großer Bruder Hänsel (Alice Coote mit etwas zu gewaltigem Organ für die Rolle) übermütig gegen die Armut ansingen. Die beiden tanzen natürlich nicht mehr einfach im Kreis, sondern zitieren Choreographien der Girl- und Boygroups aus den Superstar-Sendungen, die Angst vor der wütenden Mutter (Irmgard Vilsmaier) bleibt zeitlos.
Im zweiten Akt verzaubert das Regieteam die Zuschauer mit einem wunderbaren Wald-Bühnenbild und originellen Fantasiekreaturen, die die Kinder dort treffen: Der Sandmann ein kleinwüchsiger Gnom im weißen Anzug, die Engel in Gestalt geflügelter Eichhörnchen, der Taumann als putzende Fee im rosa Ballkleid. Wunderbar, die Schlafszene als Traum von der Glücklichen Weihnachtsfeier mit den Eltern zu zeigen und in die riesige Geschenkbox ein einfaches Sandwich als schönstes Geschenk zu stecken.
Ann Murrays Knusperhexe hat offensichtlich Verbindungen ins horizontale Gewerbe, jedenfalls zeigt sie sich zuerst mit offener Strickjacke barbusig dem Publikum, um dann die Kinder mit Gehhilfe und wirkungsvollem Zauberspruch in ihre Großküche zu verschleppen. Im Kühlraum hängen grausig die Körper anderer Opfer, zwei riesige Öfen und ein Multifunktions-Arbeitstisch bestimmen den Raum. Ein bisschen blass bleibt die Figur der Hexe trotz aller gemeiner Aktionen, wie dem Backen eines Kindes vor aller Augen. Zu wenig wird das Verführerische in der Figur gezeigt, und Ann Murray scheint mit der Mittellage zu kämpfen.
Mit großem Knall befreien sich die beiden Kinder von der Hexe, sehen dann genüsslich zu, wie sie im Ofen backt und werden von den Eltern natürlich gefunden. Etwas dünn der Kinderchor am Schluss, der dann - nicht gerade nett - die gebackene Hexe zerkrümelt. Hänsel und Gretel wie aus einem Alptraum erwachend finden sich vor dem Vorhang im freundlichen Applaus des Publikums wieder.
Ingrid Franz

 






 
Fotos: Bill Cooper