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Fakten zur Aufführung 

DER SCHWARZE MÖNCH
(Philippe Hersant)
6. Mai 2006 (Uraufführung)

Oper Leipzig

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Spätromantische Verdoppelungen

Gallischer Humor bestimmt die Geschichte nach Tschechow: quasi als Fortsetzung von Tschaikowskys Onegin verkörpert Andrej die akademische Hybris, die alles zu verstehen meint, aber der Hilfe eines Mediums bedarf, um seine eigene Deutungslosigkeit Visionen zu überdecken. Doch am Schluss greift die Bedeutungswut des Librettisten Yves Hersant gnadenlos zu: die Konfrontation des so gar nicht bemitleidenswerten "Helden" mit den natürlichen Gegebenheiten und Wünschen seiner geliebten Tanja (sic!) endet in einem bedeutungsschwangeren blutigen Gemetzel als Blutlache der Gefühle.

Philippe Hersants spätromantisch grundierte Musik knüpft bei Tschaikowsky an, arbeitet mit Zitaten, setzt ironische Mittel ein, differenziert die Instrumentengruppen hochattraktiv und bietet bravouröse Tutti: Axel Kober gelingt mit dem Gewandhausorchester eine Glanzleistung in der Präsentation moderner Klangfülle mit genretypischen Assimilationen an altrussische Choräle, Britten-spezifische Kontraste oder integrierte Klönge eines Akkordeons. Ein Musterfall der Emanzipation vom Dogma der Atonalität.

Tatjana Gürbaca inszeniert mit viel Gefühl für die Dialektik von Phantasie und Natur, schafft ambivalente Szenen zwischen Tanja und Andrej, Andrej und dem Guru Schwarzer Mönch und konfrontiert Andrejs pathologisches Mittelmaß mit dem kruden Naturverständnis Pessotskis, Tanjas Vater.

Das alles geschieht in einem fast klinisch wirkenden Bühnenbild Klaus Grünbergs: weiße Hügellandschaft mit weißen Kugelbäumen und einem weißen Pferd mit integrierter Bar.

Das Sängerensemble agiert mit viel Sinn für ironisierendes Spiel: Tuomas Pursio als variantenreich singender Andrej, Marika Schönberg mit agilem Sopran als wiederbelebte Tanja-Tatjana, Martin Petzold als Naturbursche Pessotski und Ulrich Dünnebach mit fulminantem Bass als obskurer Mönch.

Das Leipziger Premierenpublikum geht amüsiert mit, lässt sich von der Ironie des Stücks einnehmen und feiert Regieteam, Sänger, Orchester und Komponisten mit spontanem Beifall. Es scheint: Hersants Oper kann ein langfristiger Erfolg werden - folgende Inszenierungen sidn zu wünschen! (frs)


Fotos: Andreas Birkigt