Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

SCHÖNBERG-TRILOGIE
5. April 2008 (Premiere)

Oper Leipzig


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Drei mal Schönberg hintereinander

„Was sind das, moderne Menschen?“: diese Frage, so naiv und bestechend, ist Antriebsfeder und Störfaktor der drei außergewöhnlichen Leipziger Inszenierungen von Schönbergs Einaktern „Von heute auf Morgen“, „Die glückliche Hand“ und „Erwartung“.

Und als wäre die Oper von ihrer eigenen Moderne verfolgt, sprang sie einen in Form einer riesigen Werbeleinwand vor der Oper direkt an. Die Verstörung, hier ist sie mit wenigen Mitteln auf den Punkt gebracht. Natürlich hinkt der Vergleich zu dem, was danach in der Oper passieren sollte, denn die drei Einakter Schönbergs wollen nicht verblenden und auch für nichts werben. Aber in ihrer Essenz brachten sie gleichsam moderne Störfaktoren und damit existenzielle Nöte zum Ausdruck.

In der ersten Inszenierung von Immo Karaman mochte dies noch nicht so recht gelingen, was aber mehr der zwölftönig-sperrigen Heiterkeit der Oper „Von heute auf Morgen“ geschuldet war als den Ideen Karamans. Die Welt eines Ehepaars gerät in bühnentechnische Schieflage (Bühne: Kaspar Zwimpfer), als beide von ihren Flirts mit anderen zehren. Am Ende thronen sie auf dem angelagerten Wohlstandsmüll und besinnen sich auf das Wohl ihrer eigenen Menschlichkeit. Die Idee überzeugte, aber der endlosen Aneinanderreihung dekorativer Elemente konnten auch Hendrikje Wangemann als treulose Ehefrau und Wolfgang Newerla als treuloser Ehemann nur schwerlich entfliehen.

Deutlich poetischer fiel Carlos Wagners Inszenierung von „Die glückliche Hand“ aus. Lautlos schwebte Matteo de Monti als Astronaut ins gellend weiße Erscheinungsbild von Daphne Kitschen, das in seiner Ästhetik und beklemmenden Wirkung deutlich an Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ erinnerte. Die vakuumverpackten Szenarien spiegelten das Innenleben der Figur eindringlich wider und verbanden sich mit der expressionistisch aufgeladenen Musiksprache, die durch das differenzierte Spiel des Gewandhausorchesters unter der Leitung von Axel Kober auflebte. Obwohl Schönbergs Lichtdramaturgie nur mittels schwach projizierter Schriftzüge angedeutet wurde, gelang hier die Schilderung eines eindringlichen Gesamtkunstwerks.

An dritter Stelle folgte Schönbergs Melodram „Erwartung“ in der Inszenierung von Sandra Leupold. Beeindruckend schuf Deborah Polaski mit kleinsten Gesten eine bis zum Bersten gespannte Atmosphäre, die durch ihre Stimme in allen Facetten ausgefüllt wurde. Ihre Regungen fanden ihren symbolistischen Rückhalt aber nicht im dunklen Wald, sondern im modernen Spiegel der Videokamera, mit der sie hilflos die Oberfläche ihres eigenen Körpers absuchte. Und gerade diese Momente zeichneten die Leipziger Inszenierungen aus. Denn hier zeigten sich konzentriert die Genialität Schönbergs und die bedrückende Realität des modernen Menschen.

Meike Knoche

 

 




Fotos: Andreas Birkigt