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Fakten zur Aufführung 

LA RONDINE
(Giacomo Puccini)
28. März 2009 (Premiere)

Oper Leipzig


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Gefühle – perfekt inszeniert

Der dankbar angenommene Operetten-Auftrag für dieses Spätwerk Puccinis kam zwar aus Wien, doch was dann nach durchaus mühsamen und verschlungenen Arbeitswegen nicht an der Donau, sondern 1917 in Monte Carlo als La Rondine zur Urauffühung kam, ist richtige Oper, auch wenn darin Walzer-Klänge, Tango-Melodien oder Foxtrott-Rhythmen verarbeitet sind. Die lyrische Komödie um die schöne Schwalbe Magda, die sich von ihren reichen Gönnern in Paris aushalten lässt, sehnsüchtig von der wirklichen Liebe träumt, sie aber nur einige Wochen auf dem Lande ertragen kann, um doch wieder in die städtische Welt des Glamours zu flüchten, ist auf deutschen Bühnen, im Gegensatz zu Italien, eine Rarität geblieben. 

In Leipzig setzt nun Immo Karaman in seiner Regie des sich eher im leichten Konversationston, vermischt mit lyrischen Passagen haltenden Stücks, das nur selten zu großer  Emphase aufschwingt, auf durchgehende Stilisierung. In der Gesellschaft im Salon Magdas ist eigentlich nichts echt oder wirklich empfunden, sondern nur perfekt inszeniert. Man stellt sich dar, für die Anderen, die Photographen, die Medien. Ihr reicher Freund Rambaldo (Tuomas Pursio, mit sonorem Bass-Bariton) kann Magda ganz offen mit wertvollem Schmuck locken, kaum dass sie mit dem Dichter Prunier eine leidenschaftliche Romanze zum Besten gegeben hat. Diese von der Regie sehr exaltiert angelegte Rolle, die von Tiberius Simu mit großem Engagement und seinem markanten, ausdrucksstarken, fast ins Heldische reichenden Tenor verwirklicht wird, erinnert mit dem Bewegungschor und den Tänzern im ersten Akt dann überdeutlich an Ausdruckstanz- und ästhetik der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Für alle drei Akte und Handlungsorte hat Kaspar Zwimpfer ein wie ein Fernsehrahmen wirkendes rot-braunes Einheitsbild geschaffen, in dessen hinterem kleineren Rahmen aus dem Dunkel immer wieder Verdoppelungen und Vervielfachungen der im Vordergrund agierenden Solisten aufleuchten. Im Nacht-Lokal „Bullier“ wirft sich Magda dann in ihrer sentimentalen Stimmung dem neu hinzugekommenen, noch an echte Liebe glaubenden Ruggero an den Hals - verstößt binnen eines Abends ihren Gönner Rambaldo und folgt liebestrunken Ruggero ins gemeinsame Glück. Doch der kleinbürgerlichen Behäbigkeit auf dem Lande wird Magda schnell überdrüssig - als sie der Dichter mit seiner Muse besucht und damit wieder die Erinnerung an die glanzvollen Tage und Nächte in der Stadt wachruft und Ruggero gar vom Heiraten spricht, kann Magda ihre Illusionen nicht mehr unterdrücken, trennt sich abrupt von ihm - so kann sie auf Dauer doch nicht leben - und kehrt vermutlich in die Salons von Paris zurück. Die Commedia lirica um die Schwalbe Magda endet damit wenig operettenhaft nicht im Liebesglück, sondern in der Tragik einer gespaltenen Persönlichkeit, die weder im Luxusleben der Stadt noch im Familienidyll ihr Glück finden kann. 

Während die Inszenierung den Fassadencharakter der städtischen Gesellschaft mit ihrem ritualisierten Gehabe auch in den stilisierten schwarzen Kostümen (Nicola Reichert) - für Magda und ihre Verdoppelungen mit weißer Bluse, blonder Perücke und roten Stulpenhandschuhen - dekorativ zur Geltung bringen kann, bleiben die Gemütsschwankungen Magdas und die Leidenschaften Ruggeros doch blasser. Das Bühnengeschehen ist nett, gefällig, schön anzusehen, aber zugleich auch etwas gebremst. Es gibt nichts, was wirklich stört oder aus dem Rahmen fällt, aber eben auch wenig wirklich ergreifende Momente und im positiven Sinn aneckende, packende Szenen. Das mag zu einem Teil auch am Ruggero von Edgaras Montvidas liegen, der über einen schönen, aber wenig differenzierten lyrischen Tenor verfügt und in der Darstellung alles andere als einen feurigen Liebhaber gab. Die Titelpartie war mit Elaine Alvarez und ihrem in dramatischen Akzenten wie in lyrischen Momenten tragfähigem Sopran in Spiel und Stimme gut besetzt. Auch die Lisette von Susanna Andersson als Dienstmädchen Magdas bzw. Muse des Dichters Prunier wusste zu überzeugen.

Für die musikalische Leitung des Gewandhausorchesters gilt Ähnliches wie für die Regie: Roger Epple machte nichts falsch, aber manches, was aus dem Graben auch auf Turandot vorausweist, hätte man sich schärfer, frischer, emphatischer gewünscht.

Die Besucher im vollen Haus feierten alle Beteiligten, einschließlich des Regieteams, mit kräftigem Applaus. Über Bravi konnten sich insbesondere Tiberius Simu und Publikumsliebling Elaine Alvarez freuen. Zufrieden war auch die Sitznachbarin, die sich eines schnippischen Kommentars an die Leitung der Oper nicht enthalten wollte: lange werde das Stück wohl nicht gespielt, denn was gut sei, werde hier ja bald wieder abgesetzt ... 

Axel Göritz

 
 






 
Fotos: Andreas Birkigt