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Fakten zur Aufführung 

FIDELIO
(Ludwig van Beethoven)
28. Januar 2005 (Premiere)

Oper Leipzig

Points of Honor                      

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Gefängnisatmosphäre

Wunschlos glücklich sollte sich Herbert Blomstedt wohl nach der Aufführung von Fidelio in Leipzig fühlen, die ihm angesichts seiner letzten Spielzeit ein lang gehegtes Anliegen erfüllte. Zumindest im Bereich der musikalischen und gesanglichen Qualitäten dürfte ihm die größte Portion für sein persönliches Glück zuteil geworden sein, die berechtigterweise mit dem stärksten Applaus belohnt wurde.

Blomstedt erarbeitete die neu herausgegebene und von 150 Jahren Bearbeitung befreite Partitur klanglich bis ins letzte Detail und hob differenziert die einzelnen Klangstufen hervor, die dabei leider auch in schroffe Signale umschwenken konnten. Über dem musikdramatisch tragenden Gewandhausorchester steigerten sich die Sänger zu beachtlichen Leistungen.

Als herausragend ist hier eindeutig Gabriele Fontana (Leonore) zu nennen, die mit dramatischer Stimmgewalt das Geschehen in virtuose Höhen trieb und einen schauspielerisch und gesanglich überzeugenden aber auch gebrechlichen Thomas Piffka (Florestan) häufig sehr schnell übertraf. Daneben lieferte Ainhoa Garmendia (Marzelline), trotz aufgesetzter Vitalität, mit Leichtigkeit den passenden gesanglichen Witz und wurde durch Sune Hjerrild (Jaquino) gleichsam bestärkt. James Moellenhoff (Rocco) verkörperte mit sonorer Stimme überzeugend den getriebenen Gefängniswärter und wurde durch die kernige Eleganz von Eike Wim Schulte (Don Pizzaro) noch mehr angespitzelt.

Einen weiteren Höhepunkt bildete ohne Zweifel der bravouröse Chor der Oper Leipzig unter der Leitung von Gunter Wagner. Aus tiefster Seele erklang förmlich die Freude der Gefangenen angesichts des Tageslichtes, die sich strahlend im ganzen Saal verteilte.

In Stein Winges Inszenierung konnte dagegen nur ein fahler Lichtstrahl die bedrängende, an Guantánamo-Verhältnisse angelehnte Gefängnisatmosphäre aufhellen. Die bunten Farbkleckser auf Marzellines anreizendem Kleidchen und die aufgesetzten Glamour- und Glitzer-Vergnügungen angesichts der Hochzeitspläne wirkten eher wie hilflos-plakative Effekthascherei, die auch gegen das ein oder andere Kichern im Publikum nicht ankam.

Ist Leonore wirklich nur eine liebesbesessene Freiheitskämpferin, die ihren Mann aus dem tiefsten Dunkel des Kerkers befreit? Geht man von der Anlage Beethovens und der Darstellung allgemein menschlicher Züge aus, wirkten die propagierten amnesty international Inhalte angesichts der eigennützigen Heldentaten wie leere Floskeln. Jeder ist schließlich seines Glückes eigener Schmied, und so feierte sich am Ende die befreite Menge lieber selbst im Rhythmus Beethovenschen Freudentaumels und ließ ihre Heldentaten im Blitzlichtgewitter für die Nachwelt festhalten. (mk)

Karten unter (0341) 12 61 261


Fotos: © Andreas Birkigt