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Fakten zur Aufführung 

SALOME
(Richard Strauss)
27. Februar 2009 (Wiederaufnahmepremiere)
(Premiere: 16. September 2004)

Oper Köln


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Küchendrama

Es war Anno 2004 Katharina Thalbachs erste Opern-Regie in Köln – und der Nimbus des Unkonventionellen wirkt nach: Kölns Oper erlebt zur Wiederaufnahme einen Besucher-Ansturm!

Zu sehen ist eine waghalsige „Aktualisierung“ des Klassikers, mit einem gastronomisch beeindruckenden „Schleiertanz“ mit erotisch aufgeladenen Küchentüchern und sex-stimulierenden Früchten.

Das wirkt belustigend wie eine Rosenmontags-Version sexueller Präferenzen, verliert sich im Unernst, diffamiert die gebrochenen Charaktere des Dramas um das Geheimnis der Liebe als geile Existenzen. Die aktuell desorientierte Gesellschaft zu „entlarven“ ist eine Sache, aber die Umsetzung in faszinierendes Bühnenhandeln eine andere. Und da verfügt Katharina Thalbach nur über ein begrenztes Repertoire, verlässt sich auf platte Klischees, gibt den Sänger-Darstellern wenig Hilfen zu überzeugender Performance.

Momme Röhrbeins Bühnenzentrum ist eine mit Aluminium verkleidete Großküche, darüber ein durch Sandsäcke verstärkter Unterstand, zu ahnen eine Party-Zone – verbunden durch Treppen, darunter die Gruft des Jochanaan - das Ganze umbaut von braunen Wänden eines monumentalen Großbaus. Aber dies alles entpuppt sich als plakative Dekoration, vermittelt frappierende Überraschung, löst aber die angedeuteten Versprechen nicht ein.

Catherine Naglestad wird mit diesen Bedingungen souverän fertig, agiert als unbeirrbar selbstbewusst fixierte Salome – und verleiht dieser trivialisierten Frau faszinierende Statur. Ihre dramatisch-wandlungsfähige Stimme wird mit schmeichelnden Tiefen, exaltierten Höhen und einer emotionalisierenden Mittellage zum imaginierenden vokalen Ausdruck unerfüllter Wünsche einer Frau in einer aggressiven Umwelt. Samuel Youn gibt den Jochanaan als renitenten „Revolutionär“, setzt seine kraftvolle Stimme ungebremst volltönend ein. Ray M. Wade jr. als Narraboth intoniert eindrucksvoll, bleibt aber Opfer der oberflächlichen Regie. Alexander Fedin erscheint als Herodes wie eine Kara-Ben-Nemsi-Karikatur, wird zum fetischsüchtigen Kretin – und kämpft mit seinen stimmlichen Mitteln um die musikalische Dominanz der gebeutelten Figur. Und Dalia Schaechter verbleibt als grob gezeichneter Herodias die Aufgabe, mit ihrer Stimm-Kompetenz Reste des brutalen Mythos zu retten. Adriana Bastidas Gamboa verleiht dem inszenatorisch vernachlässigten Pagen kraftvoll-nachhaltigen Eindruck. Juden, Nazarener, Soldaten, Kappadozier sind sängerisch kompetent besetzt – doch bleiben sie Fußnoten in einem verengten Regie-Konzept.

Das Gürzenich-Orchester konzentriert sich auf die von Strauss geforderten Divergenzen von lyrischen und dramatischen Passagen, spielt nahezu perfekt zusammen - ohne unter Enrico Dovico die eruptiven Ausbrüche mit ihren deeskalierenden Passagen zum totalen Klang-Erlebnis werden zu lassen.

Das Publikum reagiert gebannt auf die 130 Minuten sängerischen und musikalischen Rauschs, lässt sich auf die unkonventionell-bizarre Interpretation durchaus neugierig ein - aber bejubelt demonstrativ Catherine Nagelstad für ihre sensationelle Vorstellung. (frs)

 

 






 
Fotos: © Klaus Lefebvre