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Fakten zur Aufführung 

LE NOZZE DI FIGARO
(Wolfgang Amadeus Mozart)
29. September 2007 (Premiere)

Oper Köln


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Die Farbe verliert sich

Von verwirrenden Kostümen, einer entstehenden Schere, burleskem Treiben, einem untypischen Ende und einem Sternstündchen.

Im ersten Akt zeigt sich das Ensemble in schriller und bunter Kleidung. Jede Figur in einer sehr zur Rolle passenden Farbe - wenn man sich mit Farbenlehre auskennt, ein Genuss. Dieses barocke Erscheinungsbild hat allerdings nur für den ersten Akt Bestand, werden die Kostüme doch schon zu Beginn des zweiten Aktes durch moderne ersetzt. Wieso der Tausch von extravagant zu normal?

„Die burleske Typen-Komödie bekommt glücklicherweise eine Tiefenschärfe“, sagt Christoph Dammann, Intendant des Opernhauses Köln, was zweifellos wörtlich genommen werden kann. Christian von Götz, Regisseur der Inszenierung, fordert zur triebhaften Sexualität auf, wendet sich später jedoch davon ab. Aber von Leidenschaft und Hingabe sieht man lediglich ein Hauch. Die Opera buffa: kalkulierbare Komik.

Scheren sind das zentrale Thema. Scheren als Zeichen der Revolution. Barberina, von Cherubino schwanger, hält eine Schere, Frauen schwingen während Figaros Arie im vierten Akt Scheren, die Gräfin erhebt im Zorn eine Schere und auch die stumme Tanzrolle (Athol Farmer), die sich in revolutionärer „Kopf-ab“-Pose zeigt, hält des Öfteren eine Schere. Zu einer sichtbaren Schere wandelt sich schließlich auch die Bühne im Laufe der vier Akte. Im ersten zeigt Julia Hansen eine Puppenstube, doch im vierten Akt offenbart sich die Schere gänzlich und bildet das zentrale Bühnenmotiv. Die Schere zerschneidet alles und alle voneinander – das harmonische Mozart-Ende wird hier verworfen.

Die Damen haben hier stimmlich die Oberhand. Claudia Rohrbach als Susanna fängt teilnahmslos an, brilliert aber dann koloratursicher in ihrer Rosenarie. Orla Boylan ergreift das Publikum stark leidend, offenbart aber zeitweise stimmliche Schwächen. Dennoch ist das Duett von Susanna und der Gräfin stimmig und entzückend. Kristina Wahlin, in der Rolle des glanz- und liebestollen Cherubinos, macht „Voi che sapete“ zu einem kleinen Erlebnis.

Die Herren: Beiwerke. Leonado Fischetti stellt stellenweise einen nervösen und ungeschliffenen Figaro dar. Kevin Short, als triebgesteuerter Graf Almaviva, überzeugt durch Schauspielkunst, diese konnte jedoch nicht über die patzende sängerische Leistung hinwegtäuschen.

Die Nebenrollen Bartolo (Daniel Henriks), Basilio (Hauke Möller), Barbarina (Julia Giebel) Antonio (Dieter Schweikart) und Don Curzio (Andrés F. Orozco Martinez) erstrahlen durch starke Stimmen.

Das Sternstündchen der Oper bildet das Gürzenich Orchester unter der Leitung von Markus Stenz. Schon die Ouvertüre zu Beginn setzt Maßstäbe. Das Orchester intensiv, jedoch nicht überzogen, weiß durch ein konstant hohes musikalisches Niveau zu gefallen. Sänger und Musik werden so eins.

Das Kölner Publikum schenkte der Regie und den Sänger einige Buhs und Markus Stenz großen Beifall. Musikalisch ein Highlight für Mozartfreunde, auch für die, die ihn kennen lernen wollen. (lr)


Fotos: © Klaus Lefebvre