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Fakten zur Aufführung 

JONNY SPIELT AUF
(Ernst Krenek)
24. Februar 2005 (Premiere)

Oper Köln

Points of Honor                      

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Farbenfroh und harmlos

Die „Skandaloper“ über den schwarzen Jazz-Geiger Jonny hat auch fast 80 Jahre nach ihrer Uraufführung nicht an Aktualität verloren. Das Verwirrstück um soziale Außenseiter und Fremdenfeindlichkeit (und nicht zuletzt den American Dream) bietet zahlreiche Ansatzpunkte für heutige Sozialkritik. Die Inszenierung Günter Krämers entscheidet sich jedoch für eine grotesk farbenfrohe Stilisierung des Paris der Zwanziger Jahre: ein federgeschmücktes Can-Can-Ballett irrt über die Bühne, Jonny und das ebenfalls schwarze Stubenmädchen Yvonne in roten Glitzeranzügen, die Farben der Tricolore allgegenwärtig.

Krasser Gegensatz dazu das Leben des Komponisten Max in der Einsamkeit des Gletschers, in Andreas Reinhardts Bühnenbild als hochfahrbare schneebedeckte Rampe bühnenfüllend eindrucksvoll inszeniert. Fixpunkt beider Bühnenbilder bleibt das Klavier: während Anita in Paris singt, steht Max dirigierend vor dem Orchestergraben; das turbulente Opern-Treiben und die Imagination des Komponisten verschwimmen so zu einer Mischung aus Traum und Realität, in das auch das Publikum durch eine Schar durch die Sitzreihen ziehender Polizisten mit einbezogen wird.

Michael Volle gibt einen diabolischen Jonny, mit dröhnendem Bass, in teilweise übertrieben agierender Minstrelsy-Manier – das so verkörperte Klischee des bösen Schwarzen hätte wohl weit weniger Skandal ausgelöst. Am Ende des Stückes, vor der Fahrt nach Amerika, wischt er sich die schwarze Farbe aus dem Gesicht – ein kleiner Seitenhieb auf das damalige Verbot schwarzer Darsteller auf amerikanischen Bühnen?

Nina Warren geht auf in ihrer Rolle als extravagante Operndiva Anita, mit auch in den Höhen sicherem Sopran gelingt ihr eine überraschend melodiöse Interpretation der ungewohnten Musik Kreneks. Die spielfreudige Claudia Rohrbach als Yvonne avanciert mit naiv-koketter Intonation zum Publikumsliebling, Gerhard Siegel als Komponist, stimmlich angegriffen, müht sich tapfer durch die Aufführung.

Das Gürzenich-Orchester Köln unter Ryusuke Numajiri beginnt motiviert, lässt das avantgardistische Neue der Musik Kreneks durchschimmern, wird aber durch das reichhaltige Bühnen- und Auditoriumgeschehen größtenteils zur Nebensache degradiert.

Dem wie immer gespaltenen Kölner Publikum war’s egal. Während die Opern-Traditionalisten zur Pause einmütig flüchteten (zum zweiten Teil blieb der Zuschauerraum zu einem Drittel leer), feierten die Verbliebenen die kurzweilige effektreiche Bühnenshow mit andauerndem Applaus. Ein Sieg der Fun-Generation über die Tradition sozialkritischer Operninszenierungen. (jan)


Fotos: © Klaus Lefebvre