Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN
(Jacques Offenbach)
29. November 2009
(Wiederaufnahmepremiere)
(Premiere: 26. September 1998)

Oper Köln


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Surreale Welten

Nach elf Jahren wieder aufgeführt: ein Zauberwerk von Dramaturgie, Regie, Bühne und Licht. Im legendären Kölner Hoffmann wird das Warten des Künstlers auf die erfüllende Liebe im Widerstreit von Himmelstochter und Luzifer abgehandelt, gebrochen im konkreten Opern-Szenario, surreal verfremdet in pseudo-realen Situationen. Die drei Liebesgeschichten werden zu Episoden magischer Erfüllungs-Sehnsüchte.

Faszinierend-imaginierende Bühnen-Konstellationen von Gottfried Pilz schaffen mit Haltestelle vor der virtuellen Oper, einer Straßenbahn zum Nirgendwo, die monumental projizierte Ikone der Geliebten, dem nachgerade unnachahmlichen Imago des Kreuzfahrtschiffs zur Barcarole, und der glitzernden Olympia hoch stimulierende emotionale Bilder (unvergesslich ins traumhaft interpretierendes Licht von Manfred Voss) – sie schaffen die Bilder von Geheimnis und Konkretion, bezaubern das Publikum, geben dem Bühnenhandeln das bestimmende inspirierende Fundament! Der Kölner Hoffmann ist eine Oper der suggestiven Bilder – mit ihren surrealen Elementen, ihren farbigen Effekten und ihren wechselnden Handlungsräumen.

Günter Krämer nutzt diese Räume – und den Steg vor dem Orchestergraben – zu intensiven Auseinandersetzungen zwischen den so ambivalenten Figuren, sorgt für ein variantenreiches Spiel, konfrontiert quasi-reale Situationen mit dem permanent lastenden „Geheimnis“ – schafft episches Theater in surrealem Kontext: ein Gesellschaftsbild auf dem Hintergrund metaphysischer Mächte, spirituell in der Betonung nicht-realer Faktoren - ein Widerborst im Taumel des neoliberalen „Boni-Taumels“: und das – weitsichtig – Anno 1998!

Dieser ästhetische Impetus – Aisthesis als „Hinterfragen“ verstanden – findet seine musikalische Vollendung in der alarmierenden Offenbach-Musik, von Michael Helmrath mit dem äußerst spielfreudigen Gürzenich-Orchester faszinierend facettenreich intoniert, mit schmeichelnden Lyrismen, mit knallharten Dissonanzen, mit kontrollierten Crescendi, mit liedhafter Begleitung – und immer mit kontrollierter Leidenschaft!

Das superbe Sänger-Ensemble braucht einige Zeit, um sich in das zwingende Spiel einzufühlen – beharrt lange auf demonstrativem Rampensingen – lässt sich aber, je länger der Abend währt, umso mehr vom Sog der Szenen und Bilder inspirieren. Matthias Klink ist mit schlanker Stimme ein imaginierender Hoffmann, bravourös in den Höhen, kunstvoll in der Mittellage, charakeristisch-interpretierend im variablen Klang – ein phänomenales Ereignis in Sachen Hoffmann! Dazu der phänomenale Samuel Youn als Lindorf und Co.: ein voluminöser Bariton der Extraklasse, faszinierend im ausgeglichenen Klang, hinreißend in der Dämonie des Bösen!

Katrin Wundsam: eine Muse mit zauberhafter Ausstrahlung, in ihrer Ambivalenz einmalig im differenzierten Ausdruck und voller musikalischer Intensität. Die drei Geliebten – Anna Palimina als koloraturensichere Olympia, Jutta Böhnert als melodien-zelebrierende Antonia, Ingeborg Schöpf als kokett aggressive Giulietta – von hinreißender stimmlicher Statur. Martin Koch gelingt eine umwerfende Frantz-Szene, der seltene Fall einer extrem perfekten Tenor-Parodie, Alexander Fedin als gestörter Spalanzani, Dennis Wilgenhof als gequälter Crespel - sie sind mit allen weiteren großartigen Solisten Garanten für einen „Sänger-Abend“ von beglückender Vollkommenheit!

Das Publikum: Szenenapplaus en masse, zur Pause schon lang anhaltende Zustimmung, begeisterte Pausengespräche, am Ende rauschende Ovationen. So wird Oper zum lustvollen bewusstseins-steigernden Stimulans! Die Oper Köln lebt von ihren „Großtaten“ aus grandiosen Zeiten – Uwe Eric Laufenberg setzt Maßstäbe für seine eigene Zukunft.

Franz R. Stuke

 








 
Fotos: Klaus Lefebvre