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Fakten zur Aufführung 

EURYANTHE
(Carl Maria von Weber)
30. Dezember 2007

Kölner Philharmonie


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

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Bühne

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Romantik pur

Webers Euryanthe – unaufführbar, musikalisch indifferent, als Geschichte obskur – keine Chance für Bühnen-Akzeptanz. Doch da hat die Dresdner Nemirova-Inszenierung in stabilisierend-abstrakten Bühnenräumen von Gottfried Pilz erhebliche Zweifel an diesem arrogant-apodiktischen (Vor-)Urteil ausgelöst. Allein: nachfolgende Produktionen sind nicht im kommunikativen Zusammenhang der Musiktheater-Szene bemerkt worden.

Und nun eine konzertante Aufführung in der so ambitionierten Kölner Philharmonie mit dem Personal der Brüsseler Monnaie-Oper – und die Renaissance ist perfekt!

Ein eher musikorientiertes Konzert-Publikum lässt sich gefangen nehmen von einer hoch aufgeladenen Atmosphäre elementarer Gefühle und goutiert die so willkürlich erscheinenden seelischen Eruptionen als Elemente einer spannend-geheimnisvollen Konstruktion, die über den platten narrativen Horizont hinausweist. Da stört es auch wenig, wenn die Übertitel-Texte bisweilen vom gesungenen Text abweichen – das Verständnis für die emotionalen Zusammenhänge bleibt permanent präsent.

Die Konfiguration einer Konzertsaal-Präsentation bleibt gewahrt – Solisten in Frack bzw. Abendkleid, Orchester, dahinter gestaffelt der Chor: Doch die Sänger identifizieren sich mit den Gefühlswelten ihrer Rollen, kommunizieren sparsam, aber ausdrucksorientiert – gerade so, als ob sie szenisch agieren sollten!

Gabriele Fontana verleiht der Euryanthe hingebungsvoll-reine Klänge, variiert ihren schmeichelnd-ausdrucksvollen Sopran in immer wieder neu aufblühender und ersterbender Emotion mit geradezu überirdischen Klangfarben. Jolana Fogasova kontrastiert als intrigante Eglantine mit einem kontrolliert-variantenreichen Mezzo voller verhaltener Kraft und impulsiver Leidenschaft. Kurt Streit ist mit hell-leidenschaftlich strahlenden Höhen ein liebender Adolar, vermag aber auch mit seinem Gedda-Tenor diffizile Nuancen zu prononcieren. Als emotional-aggressiver Lysiart überzeugt Detlef Roth, ein Bariton mit vielen Zwischentönen, aber auch mit äußerst stimmkräftigen Momenten. Jan-Hendrik Rootering gibt dem weisen König voluminös-grundierte Kraft – und der Chœur de la Monnaie lässt brausend-interpretierenden Gesang sowohl im Männer- als auch im Frauen-Departement hören und brilliert im vorzüglich abgestimmten Kollektiv.

Kazushi Ono leitet die Solisten subtil und lässt mit dem hoch motiviert wirkenden Orchestre Symphonique de la Monnaie einen dramatisch-differenzierten Weber-Klang ertönen, der in seiner abrupten Dynamik, seinen kalkulierten Tempowechseln und seiner Hervorhebung auftauchender einzelner Instrumente bei gleichzeitiger Rücknahme etwaiger Dominanz hörbar werden lässt, was die ambivalente Ausdrucksstärke „romantischer“ Musik ausmacht.

Alles in allem nach hinreißender Musik und leidenschaftlichem Gesang: Webers Euryanthe ist ein Werk voll von genialen Einfällen mit spektakulären Gesangspartien und einer dramatisch hochkomplex deutbaren fabula zutiefst menschlicher Konflikte.
Der Kölner Philharmonie sei Dank! (frs)