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Fakten zur Aufführung 

HELLHöRIG
(Carola Bauckholt)
15. Juni 2008
(Premiere: 13. Juni 2008)

Schauspiel Köln


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Geräuschtheater

„Jede Äußerung unseres Lebens ist von Geräuschen begleitet“, stellte der Komponist Luigi Russolo 1913 fest. Ohne Leben entsteht kein Geräusch, das Geräusch ist untrennbar mit dem Leben verbunden. Doch kann auch das Geräusch etwas Lebendiges erzeugen?

Welche Assoziationen Geräusche in uns auslösen, welche Bedeutungen wir diesen Vorgängen beimessen und wie wir darauf reagieren, war Thema von Carola Bauckholts Geräuschtheater „hellhörig“, das bei der Münchener Biennale 2008 seine Uraufführung feierte und nun in der Halle Kalk des Schauspiels Köln ein weiteres Mal aufgeführt wurde.

Die handelnden Personen dieses Gesamtkunstwerks waren die Geräuscherzeuger Cellotrio Blu, Helena Bugallo (Klavier) und Schlagquartett Köln sowie die Sänger Sylvia Nopper (Sopran), Truike van der Poel (Mezzosopran) und Matthias Horn (Bariton). Sie wurden im Zentrum eines sterilen, amphitheaterähnlichen Raumes platziert und bildeten gemeinsam mit den Instrumenten, dem wechselnden Licht, den abstrakten Videoprojektionen und den an Raumpatrouille Orion erinnernden Kostümen das an die Konzeption des Gesamtkunstwerks erinnernde Bühnengeschehen.

Nur ein Fransenvorhang – der von den Protagonisten hin und wieder durchschritten wurde, um selbst das Bühnenleben zu beobachten oder mit dem Publikum zu kommunizieren – trennte die Zuschauer vom Bühnenraum und verhinderte dessen ganzheitliche Wahrnehmung. Aber genau darin lag – so das Programmbuch – wohl auch die Intention der Komponistin: Wahrnehmungsstrukturen aufzuzeigen und neue Hör- und Sehrichtungen bewusst zu machen.

Im zentralen Bannkreis wurden die Geräusche mittels Bewegungen und Materialien erzeugt und aus ihrem ursprünglichen Kontext gelöst. Scheinbar vertraute Geräusche entsprangen kuriosen Materialien, wurden von den Sängern imitiert und im ekstatischen Zusammenspiel aller ihres Ursprungs beraubt. Die Geräusche waren die eigentlichen Agierenden des Geschehens, durch ihre sogartige Wirkung wurden dem Zuschauer seine eigenen "Hörigkeiten" bewusst.

Nur künstlich erzeugte, über das Band einströmende Geräusche besaßen eine übermächtige Wirkung und vermochten das Geräuschtheater zeitweilig außer Kraft zu setzen. Doch auch dies galt nur einer weiteren Form der Reflexion. Die Geräuschproduzenten nahmen die Anregung gleichsam wieder auf, um das Getöse neu anzukurbeln.

Carola Bauckholts Geräuschwelten waren damit vielleicht nicht für jeden schockierend neu, aber das Zusammenspiel aller Elemente besaß eine durchdringende Kraft, die von der Ausdrucksvielfalt musiktheatralischer Elemente zeugte. Bauckholts Komposition hat das Geräusch als mitreißenden Protagonisten bühnenfähig gemacht.

Meike Knoche

 




Fotos: Regine Koerner