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Fakten zur Aufführung 

RUSALKA
(Antonín Dvorak)
29. September 2007 (Premiere)

Badisches Staatstheater Karlsruhe


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SEELEN – SUCHE

In Karlsruhe wird Dvořáks geheimnisreiches Meisterwerk in Koproduktion mit dem tschechischen Theater Ostrava gezeigt.

Im Programmheft gibt es keinen Hinweis auf die Konditionen dieser Zusammenarbeit; es gibt als Inhaltsangabe den Text von Joachim Herz zu dessen sehr persönlichen Interpretation in Essen 1996; es gibt ein Panoptikum von Nixen-Texten von Andersen bis Bachmann; es gibt Auslassungen zu Dvořák als solchem -- aber es gibt auf 48 Seiten auch nicht ein Wort zur aktuellen Inszenierung.

Es ist zu vermuten, dass Ludek Golat das zutiefst bewegende Märchen für das Theater Ostrava inszeniert hat. Es steht zu vermuten, dass die Bühnengröße in Ostrava nicht den Ausmaßen der riesigen Karlsruher Bühne entspricht. Und es ist davon auszugehen, dass ein Publikum in Tschechien mit den Facetten der Rusalka erheblich anders vertraut ist als eine unvoreingenommene badische Zuschauerschaft.

Konkret wirkt die Aufführung zunächst wie ein schlichtes Volkstheater mit bemalten Brettern wie zu Zeiten der Neuberin mit viel zu großen Freiräumen, die das Bühnenhandeln auseinander zerren und jede Chance zu intimem Spiel verunmöglichen. Langsam jedoch wird die tiefe mythische Bedeutung des behutsam konfrontierenden Märchens deutlich: Rusalka sucht nach einer Seele, opfert ihre Nixen-Existenz für eine menschliche Liebe, erfährt etwas von bedrohlicher Sexualität, und bleibt am Schluss hoffnungslos unerlöst allein.

Ludek Gosta verweist mit der fremden Fürstin auf Wagners Venus-Mythos, insistiert auf Rusalkas Suche nach der Seele, ihrer Todes-Sehnsucht und ihrer Hoffnung auf Erlösung.

Auf einer handwerklich problematischen Bühne (s.o.) von Jaroslav Malina in klischeehaften Kostümen von Helena Anyzova entfalten sich diese Intentionen jedoch nur ansatzweise, ohne zwingendes Zusammenspiel. Als zweidimensionale Illustration verstanden, vermitteln die Bilder jedoch kommunikative Botschaft!

Barbara Dobrzanska ist eine geheimnisvoll-bestimmte Rusalka, anrührend in ihrer verzweifelten Suche, dabei mit ihrer legatoreichen, vibratofreien klaren Sopranstimme Existentiell-Seelisches vermittelnd, was sich der nüchternen Rationalität entzieht. Klaus Schneider ist als hin- und hergerissener Prinz ein Opfer des Dilemmas von Liebe und Sexualität, von Traum und Realität in der bewundernswerten Tradition des deklamatorischen Singens eines Fischer-Dieskau. Konstantin Gorny ist ein ziemlich eindimensionaler Wassermann, eine Art Kassandros, der stimmlich beeindruckt. Die fremde Fürstin wird mit ihren Models aus einer die Bühne überragenden Vagina zu einer Wiedergängerin der Venus; stimmlich hoch konzentriert: Christina Niessen. Kerstin Witts Hexe gerät arg plakativ; Tero Hannula überzeugt als Heger, Tamara Gura als Küchenjunge und Clara Lim, Pinar Yildirim und Sabrina Kögel brillieren stimmlich als Elfen und Andreas Heideker gibt einen hörenswerten Jäger.

Geradezu kongenial ist die Umsetzung der so häufig verkannten Komposition Dvořáks: Unter Jochem Hochstenbach interpretiert die Badische Staatskapelle eine klanglich perfekte Mixtur von genuiner Spätromantik, Wagner-Einfluss, tschechischem Folklore-Hauch, Smetana-Inspiration und märchenhaft-aktuellen Klang-Brüchen -- erstklassig!

Uns als Zuschauern sind die konzeptionellen Bedingungen der Produktion nicht bekannt. Deshalb werden die Solisten gefeiert – Barbara Dobrzanska vornehmlich – und dem Orchester heftiger Beifall gespendet -- doch herrscht Ratlosigkeit beim Regieteam. (frs)

 


Fotos: © Jacqueline Krause-Burberg