Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

MEFISTOFELE
(Arrigo Boito)
19. Juni 2004


Badisches Staatstheater Karlsruhe



Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Zwischen Spießertum und mondäner Verruchtheit

Nach dem Tod des Komponisten geriet Boitos Oper "Mefistofele", die sich mit dem Stoff von Goethes Faust I und II befasst, beinahe in Vergessenheit. Ab 1970 gelangte das Werk wieder auf die Spielpläne internationaler Opernhäuser. Neuinszenierungen in Frankfurt und Karlsruhe (2003/2004) beziehungsweise Regensburg und Amsterdam (2004/2005) zeigen, dass es sich einer zunehmenden Beliebtheit erfreut. Trotz der Herkunft des Komponisten (1842 in Padua geboren, 1918 in Mailand gestorben) ist er nicht der italienischen Operntradition verpflichtet, sondern steht eher in musikalischen Beziehungen zu Berlioz und Wagner.

Die Karlsruher Inszenierung (Alexander Schulin) bietet einen ironischen Blick auf das Geschehen. Sie hat zwar weder einen außergewöhnlichen Zugang zu dem Fauststoff noch ungesehene Einfälle, ist aber mit Witz und Ironie in ihrer Gesamtheit eine in sich schlüssige und durchaus empfehlenswerte Arbeit. Angesiedelt in staubig spießigem Milieu, kontrastiert die gewohnte Umgebung Fausts mit dem dekadenten Glanz der Weimarer Republik, welchen Mefistofele auf dem Brocken vorführt.

Als Hauptelemente der Bühne (Christoph Sehl) dienen zwei große halbrunde Bücherregale, die durch verschiedene Möbelstücke oder einer Videosequenz ergänzt werden. Auch die Kostüme (Ute Frühling) sind schlicht. In dieser Aufführung gehen die beiden Protagonisten mit ihrem Pakt nicht nur ein Arbeitsverhältnis ein, sondern es bildet sich zwischen ihnen eine freundschaftliche Verbindung, die selbst mit der Erlösung Fausts nicht aufgegeben wird. Aufgrund einer Spiegelung von Faust und Mefistofele als Doppelgänger zeigt sich schon früh eine Wesensgemeinsamkeit, die bereits im Prolog als Einheit, aber auch als gegenseitig beherrschend und vernichtend gezeigt wird.

Sowohl Konstantin Gorny (Mefistofele) als auch Mauro Nicoletti (Faust) überzeugen mit ihrer hervorragenden schauspielerischen Leistung und ihrer musikalischen Interpretation. Wünschte man sich für den alten Faust eventuell eine kräftiger gefärbte Stimme, so passt sie gut zu dem Draufgängertum auf den gemeinsamen Reisen. Tünde Franko (Margherita / Helena) und Sabrina Kögel (Marta / Pantalis) passen ebenfalls in dieses ausgewählte Ensemble. Margheritas Flehen um Erlösung (Ende des 3. Aktes) ist neben dem Finale der am meisten ergreifende Moment der Oper. Mit dem gut vorbereiteten Badischen Staatsopernchor, dem Kinderchor und einem Extrachor (Einstudierung: Carl Robert Helg) wird versucht, der starken Rolle des Chors in dieser Oper gerecht zu werden. Nicht nur musikalisch mit ihrer Stimmgewalt, sondern auch von der dramaturgischen Entwicklung her sind sie maßgeblich an dem Geschehen beteiligt.

Als Dirigent der Badischen Staatskapelle betonte Uwe Sandner vornehmlich die wuchtigen Passagen des Werkes. Leider wurde der Kontrast zu den zurückhaltenden Stellen nicht immer deutlich genug herausgearbeitet. Das Orchester bot, abgesehen von einzelnen Ausfällen im Blech, eine mehr als solide Darstellung.

Ein guter Einfall ist die farbliche Abhebung der Originalzitate Goethes in den Übertiteln. Dies ermöglichte es, die von Boito vorgenommene Bearbeitung des Textes besser nachzuvollziehen. (mf)


Karten unter (0721) 93 33 33


Foto: © Jacqueline Krause-Burberg