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Fakten zur Aufführung 

MAZEPPA
(Peter I. Tschaikowski)
27. April 2006 (Premiere)

Baadisches Staatstheater Karlsruhe

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Macht und Liebe – alles nur Schicksal?

Im Rahmen der 18. Europäischen Kulturtage, die dieses Jahr unter dem Motto Moskau stehen, inszenierten Dominik Neuner (Regie), Roland Aeschlimann (Bühne) und Ute Frühling (Kostüme) Tschaikowskis lange vernachlässigte Oper Mazeppa (die dieses Jahr allerdings gleich in Bern, Lyon, New York, Cardiff und Karlsruhe eine Renaissance erlebt) und bescherten Karlsruhe mit einem eindeutigen Highlight der Saison.

Das auf Puschkin basierende Werk stellt als äußere Rahmenhandlung die Unabhängigkeitsbestrebung der Ukraine zur Zeit des russischen Zaren Peter I. dar, ist aber eigentlich eine Auseinandersetzung mit den Themen Machtgier contra Liebe, Vertrauen und Schicksal – typische Opernthemen, nur darf man nicht mit einem Happy End rechnen. Musikalisch werden groß angelegte Tableaus und pompöse Schlachtmusik als Verdeutlichung der Macht mit eher melancholischen Arien und Duetten gemischt, gespickt mit vorgeblich ukrainischen Motiven als Lokalkolorit. Höhepunkte der Partitur sind Mazeppas Liebesarie für Maria und der überarbeitete Schluss von 1883/84, in dem mit Marias kindlich-naivem Wiegenlied noch einmal die ganze Tragik ihres Lebens veranschaulicht wird.

Obwohl das Werk Marias Schicksal beleuchtet, ist der Titel aufgrund der Omnipräsenz des Kosakenführers gerechtfertigt, und wird in der Inszenierung durch eine ständige Anwesenheit des Herrschers in Form eines übergroßen Namenszuges auf der Bühne verdeutlicht. Die übrige Ausstattung ist schlicht, aber nicht kahl oder nüchtern. Gleichmäßig aufgereihte Pfeiler, in der Höhe verstellbar, und ein schwarzer begehbarer Balken bilden die Grundausstattung. Auch die Requisiten werden sparsam, aber effektiv eingesetzt. Farblich ist alles in den verschiedenen Abstufungen zwischen Weiß und Schwarz gehalten, hinzu tritt ein kräftiges Rot und als Ausnahme das lila Kostüm der Mutter. Sehr bestimmend ist zudem die Beleuchtung, die das Bühnenbild der jeweiligen Stimmung anpasst und die Handlung aktiv unterstützt. Insgesamt ist diese Inszenierung eine wohl gelungene Mischung aus Anschaulichkeit und zeitloser Verallgemeinerung.

Aus der Besetzung sind insbesondere Walter Donati (Mazeppa) und Rosita Kekyte (Maria) lobend hervorzuheben. Ihre Interpretation ließ keine Wünsche offen und trug entscheidend zum Erfolg des Abends bei. Auch Marias Eltern, dargestellt von Luiz Molz und Wilja Ernst-Mosuraitis, passten vom Stimmtyp und der charakterlichen Darstellung sehr gut in das Gesamtkonzept.

Das Orchester hatte das Werk gründlich einstudiert und fiel, auch im Vergleich mit der Wiedergabe mancher Repertoirestücke, durch den Mangel an unangenehmen Passagen auf. Uwe Sandner als Dirigent gab den großen Bildern genügend Raum um sich zu entfalten, achtete aber darauf die Sänger nicht zu überdecken und konnte das Orchester in filigranen Passagen zurücknehmen.

Die Reaktionen der Zuschauer waren gemischt. Zum einen war die Vorstellung am Donnerstagabend nur mittelmäßig besucht, zum anderen setzte sich das Publikum hauptsächlich aus älteren Besuchern zusammen. Bereits im ersten Akt, als bei der Feier im Hause des Kotschubej das Ballett in Strapsen und Spitzenunterwäsche fast pornographische Tänze aufführte, verließ ein Teil der Besucher mit Türenschlagen den Saal. Dies war jedoch auch der einzige Punkt, an dem Unmut geäußert wurde und der Schlussapplaus war heftig und wurde mit Bravo-Rufen unterstützt. Zu Diskussionen gibt diese Inszenierung dennoch keinen Anlass, denn es gab nichts, was es nicht schon einmal gab. (mf)


Fotos: © Jacqueline Krause-Burberg