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Fakten zur Aufführung 

LUISA MILLER
(Giuseppe Verdi)
17. Dezember 2003


Badisches Staatstheater Karlsruhe




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Das waghalsige Spiel mit der Zeit

Robert Tannenbaum möchte mit seiner Inszenierung für die Karlsruher Erstaufführung von Verdis "Luisa Miller" keinen künstlichen tieferen Sinn hervorheben, sondern sich auf die Beziehung zwischen dem romantischen Schein und der brodelnden Unterwelt konzentrieren. Den Besucher erwarten keine Schockeffekte oder überraschenden Wendungen. Dennoch besticht die Interpretation aufgrund der angenehmen Mischung von Tradition und Moderne. Im Mittelpunkt stehen Emotionen und das Schicksal der Protagonisten.

Die Bühne (Christian Floeren) wird beherrscht von einer überdimensionalen Kuckucksuhr, die nicht nur als Symbol, sondern auch als Spielstätte für alle Akte fungiert. Das Zifferblatt als offener Ort, die beengte Stube des pensionierten Soldaten im Inneren und das sterile Uhrenwerk als kaltes Machtzentrum. Diese Komplexität hat den Vorteil, dass aufwendige Szenenwechsel entfallen, aber leider bewirkt die räumliche Enge akustische Veränderungen. Zudem ist die bauliche Struktur eher waghalsig - seien es die Uhrzeiger, über die die Sänger stolpern können, oder eine offene Luke. Die Kostüme (Ute Frühling) sind vorwiegend traditionell und schlicht, und fügen sich gut in den Gesamteindruck ein.

Nach einer Erkrankung der Hauptdarstellerin übernahm Paola Romanò kurzfristig die Rolle der Luisa Miller. Im ersten Akt wirkte sie noch unauffällig und zwischen den Mächten hin- und hergeschoben. Aber nach der Pause entfalteten sich nicht nur ihre sanglichen Darbietungen, sondern auch ihre Überzeugungskraft und ihre emotionalen Darstellungen. Auch Keith Ikaia-Purdy, der sich während der Proben verletzt hatte, begeisterte das Publikum mit seiner gefühlvollen Interpretation des Rodolfo. Er wirkte im Vergleich mit dem Graf von Walter weniger unerbittlich und gelegentlich fast weich. Zu dem ehrgeizigen Grafen passte jedoch sehr gut Ulrich Schneiders sonore Stimme und die kühle Distanz.

Auch Luisas Vater, dargestellt von Tero Hannula lebte sich in seine Rolle ein. Ein kräftigerer Gesang hätte jedoch sein schauspielerisches Können noch mehr unterstützt. Der Burgverwalter Wurm wurde von Luiz Molz herrlich passend repräsentiert. Überheblich und von sich selbst überzeugt wankt er in seiner Selbstherrlichkeit nur im Angesicht der Niederlage. Die Herzogin (Ulrike Helzel) strahlt, im wahrsten Sinne des Wortes, über dem Rest der Gesellschaft. Obwohl sie kaum die Gelegenheit bekommt, ihre schauspielerischen Fähigkeiten zu beweisen, erfreut sie das Publikum mit ihrer warmen und klaren Stimme.

Die Badische Staatskapelle wurde geleitet von Uwe Sandner. Er betonte die romantischen Elemente der Musik und dirigierte sehr breit und mit viel Pathos. Leider passte dies nicht immer zu der Handlung, so dass beispielsweise das Leid des Vaters über die Schmach der Tochter musikalisch eher an ein beginnendes Volksfest erinnerte.

Das Publikum des leider nicht voll besetzten Hauses zeigte sich im Schlussapplaus begeistert und feierte insbesondere Keith Ikaia-Purdy, der dies auch offensichtlich schätzte. Insgesamt empfanden es die meisten wohl als angenehme und interessante, aber nicht provozierende Erstaufführung von "Luisa Miller" im Badischen Staatstheater. (mf)