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Fakten zur Aufführung 

DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL
(Wolfgang A. Mozert)
27. April 2004


Badisches Staatstheater Karlsruhe




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Ost und West

Das Thema der 17. Europäischen Kulturtage ist Istanbul. Wenn in diesem Zusammenhang eine türkische Regisseurin gebeten wird für das Badische Staatstheater Mozarts Singspiel "Die Entführung aus dem Serail" zu inszenieren, ist keine kitschige Interpretation zu erwarten.

Yekta Kara (Inszenierung) versucht mit ihrer Arbeit einen Mittelweg zwischen einem vergnüglichen Theaterabend und der Behandlung interkultureller Problematiken zu finden. Die Aufführung bot so Einstiegsmöglichkeiten für jeden Besucher, war jedoch in ihren Aussagen nicht so pointiert wie teilweise möglich.

Das Bühnenbild spiegelt im 1. Akt den Konflikt zwischen Ost und West wieder, ist aber im Übrigen im Stil von Wellnessresorts und in der Tradition von 1001 Nacht gehalten. Die Kostüme fügen sich in das Gesamtkonzept ein: Von traditioneller Kleidung über komplette Verschleierung hin zum westlich orientierten Hosenanzug. Sehr positiv anzumerken ist, dass auch hier dem Hang zum Kitsch widerstanden wurde und auch die Ausstattung (Michael Scott) ein mehr oder weniger harmonisches Miteinander verschiedener kultureller Werte aufzeigt.

Bereits zu Beginn prallen die verschiedenen Welten aufeinander: Belmonte (Klaus Schneider) als aufstrebender, businessorientierter junger Mann, der noch schnell den Börsenkurs überprüfen und Aktien abstoßen muss. Ihm gegenüber steht ein den traditionellen Werten verpflichteter Osmin (Ulrich Schneider), der sich nicht aus der Ruhe bringen lässt. Einen Kontrast zu der ansonsten eher unromantischen Darstellung Belmontes bietet Klaus Schneiders inniger Gesang. Ulrich Schneider ist ein sonorer Bass. Jedoch brauchte er etwas Anlaufzeit und konnte seine Fähigkeiten erst im 2. Akt richtig zeigen. Die Rolle des Osmin fiel durch seine seriöse Umsetzung aus dem Rahmen üblicher "Entführungs"-Darstellungen. Er war nicht der trottelige Aufpasser und Macho, sondern eine ernstzunehmende Persönlichkeit.

Pedrillo (Peter Marsh) und Blonde (Ina Schlingensiepen) stellten ein jungendliches Paar dar. Er in Jeans und Turnschuhen und eher daran interessiert sich Pornoblättern anzusehen als sich mit der türkischen Kultur auseinander zu setzen. Sie erinnerte weniger an eine emanzipierte Frau als an eine pubertierende Teenagerin, die gerne Männer becirct und eingeschnappt ist wenn es nicht nach ihrem Willen geht. Musikalisch erfreuten beide durch eine klare kräftige Darstellung. Konstanze (Natalia Melnik) ist in dieser Inszenierung die einzige Figur, die sich ernsthaft mit der anderen Kultur zu beschäftigen scheint. Sie ist zudem von Selim Pascha (Jochen Neupert) sehr angetan und nicht immer von ihrer eigenen Treue überzeugt. Kein Wunder - denn in wessen Träumen kommt der Ritter mit Handy und Laptop zur Rettung geritten?

Der Pascha ist das komplette Gegenteil zu Belmonte. Er strahlt Männlichkeit, Macht, Stärke und Würde aus. Doch zeigt er zum Schluss, dass auch er nicht in alten Mustern verharrt und dem neuen gegenüber durchaus aufgeschlossen ist. Man fragt sich nur, weshalb er hierfür seine übliche Kleidung gegen einen (westlichen) Anzug tauschen musste... Hervorzuheben ist Natalia Melniks stimmliche Leistung. Sie meisterte hervorragend die Höhen und die schwierigen Koloraturen des Parts.

Die Musikalische Leitung hatte Anthony Bramall, der das Orchester gewohnt souverän leitete. Er unterließ jede Romantisierung und dirigierte prägnant mit einem schwungvollen Grundtempo und einer Betonung auf die militärischen Elemente. (mf)


Karten unter (0721) 93 33 33






Fotos: © Jacqueline Krause-Burberg