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Lesen Sie dazu auch den Bericht "Wie kommt der Sänger auf die
Bühne?"
Der Traum vom Märchenprinz
Der Vorhang verdeckt die Bühne nur halb, zu sehen ist ein kahler Wald
mit einer Bank. Ein distinguierter Herr reicht einem Mädchen ein Buch.
Sie fängt an zu Lesen, vertieft sich in das Geschehen, beginnt zu träumen....
und landet als Cenerentola in Rossinis lebhafter Aschenputtelversion.
In der Inszenierung von Andrea Raabe findet die eigentliche Handlung in
einer verrückten Märchenwelt statt. Dies wird unterstützt von Tobias Dinslages
schlichtem Bühnenbild: Ein Haus wird durch eine weiße Wand und eine schiefe
Treppe angedeutet, im Palast des Prinzen befinden sich nur ein Porträt
des Herrschers, zwei Stühle, ein Leuchter und ein Tisch. Doch: alles ist
verkehrt herum! Hinzu kommt gezielter Lichteinsatz um Stimmungen zu erzeugen.
Aufgrund der schlichten Bühne und den wenigen Requisiten mussten die Darsteller
besonders überzeugend wirken. Dies gelang Helen Lokuta als Angelina (Cenerentola)
durch Mimik und Gestik. Auch ihre warme Stimme passte zu dem gutherzigen
Aschenbrödel. Den Stereotyp der bösen Stiefschwestern haben Aaselinde
Wiland und Sofia Kallio dargestellt: überzeugt von sich selbst, zickig
und keifend. Dae-Hee Shin als Don Magnifico fiel vor allem durch seinen
Gesang als auch durch die Fähigkeit auf, verschiedene Stimmungen sehr
gut darzustellen. Der Prinz ist direkt dem Märchenbuch oder Kinderspielen
entstiegen, insbesondere seine weiße Papierkrone ist bezeichnend. Er wurde
von Dong-Won Kim als warmherziger Mensch dargestellt, dem es leider manchmal
an Durchsetzungskraft fehlte. Diese hatte er jedoch mit seiner klaren
warmen Stimme. Der Philosoph Alidoro (Marc Kugel) leitet als reale Person
durch das Geschehen in Angelinas Träumen.
Die Unterscheidung zwischen realen und irrealen Figuren zeigt sich nicht
nur im Bühnenbild und an den Kostümen, sondern auch an einem weiß geschminkten
(Clowns-)Gesicht, welche die imaginären Personen auszeichnet.
Das Orchester der Hochschule für Musik Karlsruhe unter der Leitung von
Alicja Mounk wirkte im Allgemeinen flott, müsste teilweise jedoch kerniger
spielen, um den Rossini-Charme richtig auszukosten. Zudem merkte man,
dass die Musiker es nicht gewohnt sind Sänger zu begleiten.
Die Handlung der Oper wurde durch die Sänger sehr schön dargestellt. Kleine
Gesten, Mimiken oder komische Einlagen lockerten das Geschehen auf und
sorgten für herzliche Lacher. Sehr erfrischend wirkte der Enthusiasmus
der Sänger und Musiker, der auch eventuelle Schwächen in der künstlerischen
Darstellung wettmachte. Übertrieben war manchmal nur die Einfältigkeit
des Vaters und die stereotype Behandlung der Märchenfiguren. Außerdem
war es verwirrend, dass sich das umgekehrte Bühnenbild im Schloss nach
der inhaltlichen Richtigstellung nicht ebenfalls änderte und der Prinz
nach seinem Übertritt in die reale Welt weiß geschminkt blieb.
In den Pausengesprächen konnte man teilweise kritische Stimmen zu dem
Bühnenbild hören, am Ende spendete das Publikum aber begeistert Beifall.
(mf) |
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