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Berechnende Freiheit
Das Bühnenbild von Christian Floeren ist schlicht: Ein großes Podest,
wahlweise als Dorfplatz, Schankfußboden oder nackte Erde fungierend, und
ein paar Holzstühle sind die einzigen dauerhaften Elemente in dieser Inszenierung.
Hinzu kommen je nach Bedarf ein Krämerwagen, ein paar Tische, ein rostiges
Fass oder ein Plakat. Die Seitenwände sind ganz in schwarz gehalten und
der Hintergrund ist abwechselnd rot, schwarz oder grün. Doch trotz dieses
sparsamen Bühnenbilds kommt nie der Gedanke auf, es würde etwas fehlen.
Auch die Kostüme (Ute Frühling) passen zu diesem zurückhaltendem Bühnenbild.
Die Frauen tragen schlichte Kleider, die Männer abgetragene Hosen, Hemden
und Anzüge und die Soldaten die obligatorischen grau-grünen Anzüge. Zeit
und Raum spielen keine große Rolle, und es entsteht, insbesondere im ersten
Akt, der Eindruck eines alltäglichen Geschehens.
Umso wichtiger sind die Darstellungen der Sänger. Ewa Wolak verkörperte
eine selbstbewusste, allerdings auch berechnende Carmen. Ihre Handlungen
wirkten sehr bewusst und nicht durch die Liebe zu Don José hervorgerufen.
Ihre Beziehung zu Escamillo schien von Geltungssucht bestimmt zu sein.
In den Gesangspartien wirkte die Mezzosopranistin in den tiefen Lagen
etwas rau, was sie jedoch durch ihre kraftvolle Stimme in den höheren
Partien wieder ausglich. Mauro Nicoletti (Don José) überzeugte in seiner
Rolle als eifersüchtiger Liebhaber. Es wurde sehr schön deutlich, wie
er, ohne es zu wollen, in eine Verhängnisvolle Lage geriet, und die Auftritte
von Micaela veranschaulichten, wie anders sein Leben hätte verlaufen können.
Marianne Kienbaum-Nasrawi charakterisierte als Micaela die eigentlich
passende Gefährtin für Don José. Mit ihrer Darstellung und ihrem Gesang
verdeutlichte sie den Unterschied zwischen sich selbst und der freiheitsliebenden,
ungebundenen Carmen und begeisterte so das Publikum. Edward Gauntt wirkte
prädestiniert für die Rolle des egozentrischen Stierkämpfers, und auch
er trug dazu bei darzustellen, wie wenig Don José in die Welt der Carmen
passt.
Die Badische Staatskapelle wurde von Uwe Sandner dirigiert. Er betonte
neben den allseits bekannten und beliebten Melodien besonders in der Ouvertüre
die militärischen Elemente der Musik. Nur im Finale wünschte man sich
eine stärkere Betonung zwischen den Gegensätzen des Jubelgeschreis und
der Dramatik von Carmens Tod.
Die allgemeine Zustimmung zu dieser Inszenierung spiegelt sich in den
Verkaufszahlen wieder - seit der Premiere im November 2002 waren fast
alle Vorstellungen ausverkauft. Auch von dieser Aufführung zeigte sich
das Publikum des vollbesetzten Hauses begeistert. (mf) |
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