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Fakten zur Aufführung 

DON GIOVANNI
(Wolfgang A. Mozart)
24. Juli 2003 (Premiere)


Festival im Chiemgau
Gut Immling




Points of Honor                      

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Triebe und Getriebene

Regen prasselte unaufhörlich auf das Dach des Festspielhauses Gut Immling, der großen akustisch respektablen Reithalle. Sommerliche Roben waren an diesem Abend aber in zweifacher Hinsicht schlecht gewählt: des Wetters wegen, das verhinderte, dass der Festspielort im wunderschönen Chiemgau seine Reize entfalten konnte und wegen der fröstelnden Don Giovanni-Deutung Isabel Ostermanns. Ostermann wollte in Giovanni nur die schlechten, niederen, brutalen menschlichen Triebe verkörpert sehen. Der Lüstling ist hier als Person nicht integriert ins Geschehen, sondern nimmt nur als Allegorie des allen Personen innewohnenden Triebes peripher daran teil. Mit irritierender Konsequenz ist er gefühlt vorhanden, bildet aber (fast) keinen szenischen Bezugspunkt.

Die Bühne ist voller Statisten; Männer, Frauen und Kinder, kreidebleiche Zombies in fleischfarbenem Puffrock, allesamt Opfer des Triebhaften. Sie gruppieren sich in drei hohen schwarzen Rahmen, die allein das Bühnenbild Stephan von Wedels formen. Sie sind Voyeure des eigentlichen szenischen Spiels Donna Annas, Leporellos, etc., die sich am Ende gleichermaßen in die Reihe der Opfer stellen. So zerstören sie sich auch ohne Giovannis reale Präsenz selbst. Ostermann bezahlt ihre Sicht mit der Vernebelung der Handlung, doch tragischer mit der Preisgabe des Humors und der musikimmanenten Sinnlichkeit.

Leider taten sich die Sänger in solchem Ambiente schwer, eben der Sinnlichkeit, dem positiven Aspekt des Triebes musikalisch Ausdruck zu verleihen. Einzig Thomas Cooley, sonst mit etwas flachem Ton, gab in Don Ottavios Arie im ersten Akt einen vielbeklatschten Eindruck von den entsprechenden Möglichkeiten dieser Oper. Die Damen, allesamt noch junge Stimmen, neigten zur Höhenschärfe. Mishelina Kobaliani (Donna Anna) fehlte es an Tragfähigkeit, um die 17. Reihe zu erreichen. Wie Shira Karmon (Elvira) führte sie ihren Sopran zu ungenau, um anzurühren. Besser gelang Jacek Janiszewski ein Leporello ohne stimmlichen Witz, der szenisch unangemessen gewesen wäre und Thomas Hohenberger ein Masetto mit munterem Bass-Bariton. Theodor Carlson als Giovanni hingegen sang ziemlich unkultiviert und differenzierte kaum in Farbe und Ausdruck.

Zu allem Überfluss gelang es auch Heiko Mathias Förster nicht, den Mozartschen Gegenpart zum Bühnengeschehen zu beschwören. Die Münchner Symphoniker klangen matt und oftmals lustlos.

Das sympathische Publikum lichtete sich nach dem jähen Ende ohne finales Ensemble schnell. Doch wollten nicht alle ohne Buhs für die Regie nach Hause gehen. (tv)