Lied-Demonstration
Olivier Messiaens „Poèmes pour Mi“ von 1937 gehören nicht zu den populären Schätzen der Lied-Kultur. Sperrig sind Harmonik und Rhythmik – nahezu unverständlich die religiösen Texte für seine erste Frau Claire Delbos, genannt Mi - und geradezu überfordernd scheinen die stimmlichen Ansprüche.
Doch im Kulturgut Holzhausen werden Eric Schneider und Claudia Barainsky dem großen Ernst und der diffizilen Textur des Messiaen-Werks eindrucksvoll gerecht: Der vielseitig ausgewiesene Eric Schneider ist mehr als sensibel-aufmerksamer Begleiter am Flügel – er ist hoch reflektierter Messiaen-Interpret, mit intensivem Verständnis sowohl für die kompositorische Anlage der Musik als auch für die spirituelle Substanz der Texte.
Claudia Barainsky vermittelt Messiaens Musik klar und klischeefrei, fasziniert durch exzeptionelle Spitzentöne und lyrische Innigkeit, variiert mit agiler Tongebung schwebend-klagende Töne mit aggressiv-kraftvollen Eruptionen. „Seele“ bestimmt das Singen!
Diese beeindruckende musikalische Kompetenz begründet den nachhaltigen Eindruck der folgenden Strauss-Lieder – den Zyklus „Mädchenblumen“ von 1888 und zwei Lieder aus dem Zyklus „Säusle liebe Myrthe“ von 1918: spätromantische Reminiszenzen mit viel Gefühl – ohne stereotype Attitüde, dafür mit inniger Leidenschaft.
Zum neunten Mal veranstalten Leonore von Falkenhausen und Frank Beermann das Festival im ehemaligen Bullenstall auf dem Gut Holzhausen zwischen Paderborn und Höxter, präsentieren exklusive Kammermusik (in diesem Jahr auch einen konzertanten Mozart-Titus!), laden exzeptionelle Solisten wie Martin Stadtfeld ein - und versammeln ein kultiviert-kenntnisreiches Publikum, das auch die eher komplizierte Anreise nicht scheut an einen nahezu magischen Ort der Begegnung von Natur und Kunst, von Bodenständigkeit und artifizieller Ästhetik.
Am Abend dringen Vogel-Laute in den von urigen Holzbalken gestützten Raum wie ein Vorklang der späteren Messiaen-Synästhesien mit den komponierten Klängen und Farben der Vogelstimmen!
Studenten des gleichzeitigen einwöchigen Meisterkurses bestreiten in lockerer Vielfalt der Stile und Präsentationsformen die „lange Nacht“, trotz unsommerlicher Kühle, erst sehr spät aufklarendem Gewölk und schwierig zu begehendem Außengelände eine äußerst kommunikativ-sympathische Atmosphäre der Begegnung von Künstlern und Zuhörern.
Gut Holzhausen 2010 – ein Tipp für den Terminkalender! (frs)
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