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Fakten zur Aufführung 

DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG
(Richard Wagner)
2. Oktober 2009 (Premiere)

Stadttheater Hildesheim
Theater für Niedersachsen


Points of Honor                      

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Respekt!

Zum 100. Theaterjubiläum sollte es etwas ganz besonderes sein. Am 2. Oktober 1909 hob sich zum ersten Mal der Vorhang im Stadttheater Hildesheim, genau einhundert Jahre später zum ersten Mal für ein Werk, das auf den ersten Blick so gar nicht zu diesem Theater zu passen scheint – Die Meistersinger von Nürnberg. „Vor einhundert Jahren, als Hildesheim noch das 'Nürnberg des Nordens' genannt wurde, eröffnete die Hildesheimer Bürgerschaft ihr eigenes Theater. Dies erinnert an die Nürnberger Meistersingerzunft, in der Bürger sich neben ihren Berufen für die Kunst begeisterten, diese auch selbst auf hohem Niveau ausübten und Kunstveranstaltungen für das Volk organisierten. Von diesem Einsatz musikbegeisterter Städter für die Kunst handelt die Volksoper Die Meistersinger von Nürnberg “, so heißt es in der Erklärung des Theaters und klingt als inhaltliche Begründung plausibel. Die Größe des Hauses, die personelle Ausstattung – vor allem mit Chor und Orchester – ließen im Vorfeld dennoch Zweifel aufkommen, ob das Theater Hildesheim dieser großen Aufgabe gewachsen sei. Der Abend zeigte eindrucksvoll, dass das Haus dem gewachsen ist – mit einer Aufführung, die in sich durch das Zusammenwirken aller Beteiligten im Lauf des Abends eine Geschlossenheit entwickelte, die größten Respekt verlangt.
Hans-Peter Lehmann, langjähriger Intendant der Staatsoper Hannover und Assistent in Bayreuth, kennt das Werk bis ins Detail. Er ist ein Regisseur, der die Menschen liebt und die Meistersinger als „große Kostbarkeit der Menschlichkeit“ würdigt. So entsteht eine Inszenierung, die mit ihrer Fülle an Einfällen, mit denen Lehmann jede noch so kleine Rolle auf der Bühne gestaltet, bei allen höchstmögliche Spielfreude aufkommen lässt und eine nicht nachlassende Spannung erzeugt. Lehmann versteht das Ensemble, den Chor, ja selbst die Statisten so hoch zu motivieren, dass alles wie aus einem Guss und ganz natürlich wirkt. Er ist ganz am Text orientiert und erzählt die Geschichte so, wie sie ist, gerade heraus und schnörkellos. Dabei entsteht sicherlich keine szenische Umsetzung, die das Werk befragt, hinterfragt, nach neuen Sichtweisen und Aktualität sucht – so wie auf dem internationalen Opernparkett zu erwarten, sicher auch gewünscht ist. Aber das muss hier auch überhaupt nicht sein. Die Aufführung besticht durch ihre Nähe zum Publikum, jeder kann verstehen, was auf der Bühne geschieht und bekommt einen unmittelbaren Zugang dazu. Bühne und Kostüme sind der Zeit angelehnt, in der die Geschichte spielt, um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Dass abseits dieses historischen Rahmens zeitlos gültige, menschliche Dinge auf der Bühne verhandelt werden, das zeigt der Text. Und hier kommt der große Vorteil des kleinen Hauses zum tragen. Die Textverständlichkeit erreicht den ganzen Abend über eine Qualität, auf die viele Bühnen wahrlich neidisch sein können. Das liegt natürlich auch am durchweg wunderbaren Ensemble und auch am Orchester des Stadttheaters, das unter der Leitung seines GMD Werner Seitzer klangschön, transparent und immer mit einem Ohr für die Sänger musiziert.
Einzelne aus dem Ensemble herauszunehmen fällt schwer. Durchweg waren in den großen Partien Rollendebütanten zu erleben, und alle stellten sich ihren Aufgaben mit beachtlichem Können – Johannes von Duisburg als Hans Sachs, Wolfgang Schwaninger als Walther von Stolzing, Isabell Bringmann als Eva genauso wie die Ensemblemitglieder des Theater Hildesheim Uwe Tobias Hieronimi als Beckmesser, Ernst Garstenauer als Veit Pogner, Jan-Kristof Schliep als David und Verena Usemann als Magdalene. Jeder für sich entwickelt mit großem stimmlichem Potential seine Figur, das gilt für die weiteren Meister genauso. Und alle spielen miteinander, als machten sie sonst nichts anderes. Das ist eine beachtliche Qualität der Aufführung, die in jeder Hinsicht eine Lanze für die Institution des Stadttheaters bricht. Hier wird auf hohem Niveau Theater für die Bürger der Stadt gemacht. Das Publikum dankten allen für einen großartigen Abend mit minutenlangem Jubel und stehenden Ovationen. Ein denkwürdiges Ereignis für das Hildesheimer Theater!
Christian Schütte

 








 
Fotos: © Andreas Hartmann