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Fakten zur Aufführung 

AIDA
(Giuseppe Verdi)
11. Dezember 2010 (Premiere)

Stadttheater Hildesheim


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Bilderwellen auf dem Nil

Spätestens seit der letzten Spielzeit hat das kleine Stadttheater Hildesheim gezeigt, dass es im Musiktheater nicht nur schonungslos wagemutig, sondern auch ausgesprochen erfolgreich sein kann – zumal mit Werken, die niemand unbedingt an einem Haus dieser Größe erwartet. Zum 100. Geburtstag des Theaters brachten Generalmusikdirektor Werner Seitzer und Regisseur Hans-Peter Lehmann eine in allen Punkten höchst beachtliche Produktion von Richard Wagners Die Meistersinger von Nürnberg heraus. In dieser Saison gilt es ein weiteres Jubiläum im Theater zu feiern, Seitzer und Lehmann traten wieder an, und bescherten dem Haus aufs Neue einen Triumph. Den gab es auf der Bühne ohnehin zu sehen, es geht nämlich um Verdis Aida mit ihrem zum Ohrwurm gewordenen Triumphmarsch.

Der Hildesheimer Kaufmann und emsige Sammler ägyptischer Kunst- und Kulturgegenstände Wilhelm Pelizaeus übergab im Jahr 1907 seine beträchtliche Sammlung dem Roemer-Museum, 1911 wurde die Dauerausstellung eröffnet. Seitdem lockt das nunmehrige Roemer-Pelizaeus-Museum Besucher weit über die Grenzen Hildesheims und der Region an, insbesondere die Ägypten-Ausstellung genießt internationales Ansehen. Die ist nun pünktlich zum 100. Geburtstag vollständig neu aufgestellt und wird ab Februar wieder ganz zugänglich sein, ab April gibt es zudem eine große Sonderausstellung zum Thema Giza – mit seinen berühmten Pyramiden. Dass nun also Verdis Oper um die Geschichte des Feldherrn Radames, der zwischen der äthiopischen Sklavin Aida, einer Gefangenen, und der ägyptischen Königstochter Amneris steht, auf die Hildesheimer Bühne gekommen ist, entsprang der Idee einer Kooperation zwischen Theater und Museum zum 100-jährigen Jubiläum.

Hans-Peter Lehmann und sein Ausstatter Bernhard Kilchmann haben sich vor diesem Hintergrund dazu entschlossen, die Geschichte zur Originalzeit, im Ägypten der Pharaonen, zu zeigen. Grundelement des Bühnenbilds ist die Pyramide, die genauso am Bühnenhorizont wie auf einer grauen Zwischenwand bis hin zur Grabkammer im Schlussbild erscheint. Effektvolle Requisiten füllen diese Räume mit Leben, darunter, als Reverenz an das Museum, einige Zitate markanter Exponate. Neben dem Bühnenbild sind es aber vor allem die ebenso prachtvollen wie aufwändigen Kostüme, die der Spielzeit der Geschichte nachempfunden sind. Da springt eine Opulenz von der Bühne auf den Zuschauer über, die kaum noch gewohnt, dabei wundervoll anzusehen ist und gleichzeitig der Leistungsfähigkeit der Kostümabteilung allen Respekt abverlangt. In diesem Gewande erzählt Hans-Peter Lehmann die Geschichte klar und schnörkellos und mit dem großen handwerklichen Erfahrungsschatz eines vielgefragten Regisseurs. Dass die Koordination bestimmter Szenen, vor allem einige der Massenszenen, noch nicht bis in die kleinste Bewegung hinein rund lief, ist sicher auch der Premierennervosität zuzuschreiben, im Lauf der Repertoirevorstellungen wird das sicher routinierter werden.

Werner Seitzer sorgt einmal mehr für eine musikalische Qualität, die staunen macht. Präzise und absolut souverän führt er sein Orchester durch die Partitur, sorgt ebenso für kammermusikalische Spannung wie für die große dramatische Geste. Nicht nur seine Musiker, sondern auch die Chormassen auf der Bühne, einstudiert von Achim Falkenhausen, hat er sicher im Griff und schafft stets eine ausgewogene Balance zwischen Bühne und Graben. Dabei hilft ihm der fast vollständig verdeckt Graben sehr.

Aus dem Ensemble ragt Veronica Simeoni mit einer stimmlich überragenden Amneris heraus. Mit ihrem in allen Lagen ausgeglichenen und gut geführten Mezzosopran bringt sie alles ein, was die Partie vokal erfordert. Hoch in der Publikumsgunst stand auch Tamara Haskin als Aida. Optisch ist sie eine ausgesprochen attraktive Besetzung für die Rolle, nimmt mit einigen großartig gesungenen Momenten auch stimmlich für sich ein. Letztlich fehlt ihrem schön timbrierten Sopran aber noch der letzte Schliff, um unsauber gesungene Phrasen und eine mitunter etwas fahle Höhe in den Griff zu bekommen. Ähnliches gilt für Christian S. Malchow als Radames. Er verfügt über großes stimmliches Material, setzt jedoch leider noch viel zu sehr auf Kraft beim Singen und nimmt dadurch sich selbst – und dem Publikum – einiges an Klang seiner ansprechend gefärbtem Stimme.

Prägnant und mit imposantem Bariton war Andrew Greenwood der Amonasro und Ernst Garstenauer mit seinem charaktervollen Bass der Ramphis. Piet Bruninx als König, Antonia Radneva als Priesterin und Oleg Sopunov als Bote ergänzten so solide das Ensemble, wie es an diesem Ort gewohnt ist.

Am Ende feierten die Hildesheimer eine insgesamt nicht nur überzeugende, sondern einmal mehr beachtliche Aufführung mit stehenden Ovationen und großem Jubel für alle Beteiligten. Der Weg nach Hildesheim lohnt sich wieder!

Christian Schütte












 
Fotos: Andreas Hartmann