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Fakten zur Aufführung 

SALOME
(Richard Strauss)
17. Mai 2010
(Premiere: 10. April 2010)

Theater Heidelberg


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Autistische Figuren

Grau ist die Welt, und einsam sind die Menschen. Denn sie sind im Käfig ihres Autismus gefangen, aus dem es kein Entrinnen gibt. Die Bühne im Heidelberger Opernzelt ist entsprechend karg ausstaffiert. Im Halbrund können die Figuren wie auf einem Manegenrand sich bewegen, denn ihr Spielraum, den ihnen das Leben lässt, ist äußerst eingegrenzt. Davor ein Quader, der um einen Drehpunkt kreisen kann. Wie ein Zootier wird darin Jochanaan begafft, wenn er mit Urgewalt seine Visionen ablässt und „Du bist verflucht“ in alttestamentarischer Wut hinausschreit.

Diese Salome von Richard Strauss bekommt in der Heidelberger Neuproduktion durch die Berliner Regisseurin Aurelia Eggers in der kongenialen Bühne von Stephan Mannteuffel ein archaisches, zeitloses Gesicht. Die Wirkung ist - zumindest teilweise – überwältigend. Die Figurenzeichnung wirkt pointiert; zugespitzt auf den einen Gesichtspunkt, dass sie im Grunde gesichtslos und geschichtslos sind in ihrer Selbstverlorenheit und Selbstverliebtheit. Dieser Aspekt entfaltet eine starke Aura. Am Ende wird dann nicht etwa Jochanaans Haupt auf dem Silbertablett serviert, sondern Herodias macht dem zögerlichen Spiel, wer denn nun dem Verlorenen das Haupt abschlägt, dadurch ein Ende, dass sie ihm die Kehle durchtrennt. Salome, hier weniger eine Verworfene ihrer Lüste, als mehr eine liebesbedürftige, unreife Kindfrau auf der Suche nach Zuwendung, kann ihre Erfüllung in den letzten Zuckungen des Opfers imaginieren.

Starke, nachwirkende Bilder, getragen durch die pulsierende Musik von Richard Strauss. In der hier besuchten Vorstellung setzt die junge Kapellmeisterin Joana Mallwitz in kühnem Zugriff gemeinsam mit den äußerst tüchtigen Heidelberger Philharmonikern auf explosive Klangentwicklung. Die kommt sehr gut, doch noch besser wäre zwischendurch ein differenzierteres Hineinhorchen in die Feinheiten der Instrumentierung. In der Titelfigur gibt die junge Justine Viani ein bemerkenswertes Partiedebüt. In einigen Farben und Registern allerdings schleicht sich der Eindruck ein, dass die Salome für den Reifegrad ihrer Stimme doch noch einige Jahre zu früh kommt. Als Jochanaan trumpft Peter Felix Bauer mit prächtigem Bassbariton auf, als Herodes Winfrid Mikus mit ausdrucksstarkem Spiel und ebensolchem Charaktertenor. Herodias ist mit dem dramatischen Alt von Elisabeth Hornung dunkel und böse besetzt; Emilio Pons als Narraboth und Annika Sophie Ritlewski als Sklave runden das Ensemble ebenso wie ihre Kollegen in kleineren Partien sehr gut ab.

Noch ein Wort zur jungen Annika Ritlewski: Diese hoch veranlagte Sopranistin glänzte dieser Tage mit einem ebenso ambitionierten wie gestalterisch und sängerisch großartigen Liederabend (Wolf, Beaudoin als Uraufführung, Strauss, Schubert). Das Publikum wird sie vermissen, wenn die Sängerin mit der so selbstverständlichen Bühnenpräsenz jetzt eine Babypause einlegt. Schön für sie, schade für die Hörer.

Eckhard Britsch

 






 
Fotos: Markus Kaesler