Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

LENNON - FREE AS A BIRD
(Heiner Kondschak)
13. März 2010 (Premiere)

Theater Heidelberg


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

John verändert die Welt

Erfolg macht gierig und ist verführerisch. Nach dem riesigen Renner des Bob-Dylan Projekts von Heiner Kondschak am Heidelberger Theater, das bislang über 25.000 Besucher anlockte, ist jetzt das Theaterzelt Schauplatz einer neuen musikalischen Ikonographie: John Lennon heißt das Objekt der Begierde für den Vollblut-Musiker und Theatermacher Kondschak. „Free as a Bird“ ist der Untertitel nach einem Lennon-Song, in dem die Suche nach dem Sinn des Lebens in die Metapher vom Flug in Richtung Behausung gegossen wird.

In Heidelberg werden Schauspieler zu Musikern und Musiker zu Mimen. Ein kraftvolles, energetisches Paket wird daraus geschnürt, um das Leben von John Lennon auszuleuchten, eines Mannes, der immerhin die Welt veränderte, oder zumindest sie zu verändern versuchte. Bastian Semm taucht als Ich-Erzähler mit intensiver Stimme und bemerkenswert gutem Gitarrenspiel in diese Figur ein. Kondschak hat zwei Dutzend Songs plus zwei Medley-Gruppen aufreizend hart arrangiert, fast in Richtung Hardrock, so dass manche Poesie dieser Lieder (die schönsten seit Schubert?) auf dem Altar heutigen Lebensgefühls geopfert wird. Aber die Präsenz der zehn Akteure, ihre unbedingte Hingabe und die phantasiereiche Instrumentierung geben dem Abend Biss.

Szenisch kommt einem die Produktion ein wenig unterbelichtet vor. Über die Bühne (Ilona Lenk) spannt sich eine schwarze Schallplatte wie ein dunkler Regenbogen, darunter die Band. Seitlich wird eine altmodische Pantry-Küche beigerollt, in der Lennons Mama (Monika Wiedemer) im Jenseits mit ihrem auch schon ermordeten Sprössling plaudert. Drogen, was ist das? Dann wieder zurück ins hiesige Dasein, wo sich das Spiel auf die Liebe zu Yoko Ono (Franziska Beyer) fokussiert und dabei die Frage ausklammert, ob diese Dame im Lebensentwurf des John Lennon nun als genialische Muse oder zerstörerische Hexe zu gelten hätte. Da ergeben sich sehr anrührende Momente, die dann wieder durch die hart ausgespielten Songs aufgebrochen werden. Garniert wird der Lebens-Lauf auch mit einigen Figuren der Zeitgeschichte wie Richard Nixon, Queen Elizabeth oder Papst Benedikt, die in genialischer Vereinfachung sehr witzig daherkommen.

Der hier beklagte szenische Mangel allerdings ist bewusst herbeigeführt, denn der neue Abend hat „noch mehr Konzertcharakter“, so Kondschak. Er gerät dadurch allerdings in den Gefahrenstrudel einer Nummernshow. Die wiederum ist mit so viel Power gemacht, dass die Akteure bei der Premiere gefeiert wurden, auch wenn der Abend deutliche Längen zeitigt. Erstaunlich das musikalische Potenzial der Ensemblemitglieder und ebenso das unbedingte Ausleben der Rollen, mit dem diese Produktion vitalisiert wird. Für Heidelberg-Touristen noch die kleine Anmerkung: Das Stück „Dylan - The Times They Are A-Changin“ läuft immer noch. So können gleich zwei Heroen der Pop-Kultur bewundert werden.

Eckhard Britsch

 
Fotos: Markus Kaesler