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Fakten zur Aufführung 

IDOMENEO
(Wolfgang Amadeus Mozart)
22. November 2008
(Premiere: 28. März 2008)

Theater Heidelberg


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Magnetische Kräfte

Wie begegnen wir dieser seriösen Oper, die Mozart zeitlebens als sein Lieblingswerk betrachtete? Da muss doch etwas Besonderes dran sein am Stück, wenn es trotz eines verquasten Librettos, das dem mythologischen Stoff nicht gewachsen ist, dem Genius so sehr ans Herz gewachsen war. Vielleicht erschießt sich die immer wieder neue Geschichte vom Mann zwischen zwei Frauen und von einer schicksalhaften Begegnung dann am besten, wenn sie so gekonnt einfach und dabei außerordentlich eindringlich erzählt wird, wie dies Arila Siegert am Stadttheater Heidelberg gelingt. Ihren künstlerischen Weg umrahmen Namen wie Gret Palucca und Walter Felsenstein; sie beherrscht ihr Handwerk, und ihr Team mit Bühnenbildner Hans Dieter Schaal und Kostümbildnerin Marie-Luise Strandt ist in zehn Jahren gemeinsam gewachsen und aufeinander eingespielt.

In Heidelberg legt Arila Siegert ihr ganzes Augenmerk auf die Feinzeichnung der Figuren (in heutiger Kleidung gewandet), die ihre magnetischen Anziehungs- und Abstoßungskräfte auf karger Bühne ausleben. Ein Kahn schwankt hin und her, einige Stühle wollen partout keinen Halt geben; Seile hängen vom Bühnenrand, sie dienen als Fesseln für die gefangenen Trojaner, an ihnen aber können sich die Protagonisten auch entlang hangeln in einer von Gott verlassenen Welt. Denn der Kreter-König Idomeneo wird Gefangener seines Gelübdes, nach Errettung aus schwerer Seenot den ersten Menschen, der ihm am rettenden Gestade begegnet, den Göttern zu opfern. Aber, Schicksal, Schicksal, klar doch, das kann nur Sohnemann Idamante sein, der seinerseits Probleme hat, denn die griechische Königstochter Elektra pocht auf ihr Atandes-Recht auf Heirat, während Ilia, die Trojaner-Maid, ganz schüchtern ihre Liebe lebt.

Das Ende darf als bekannt vorausgesetzt werden, denn Idomeneo löst den Bann durch Abdankung; Ilia kriegt ihren Idamante, während Elektra einstweilen leer ausgeht. Maraile Lichdi zeigt diese Elektra zwar wütend, doch jenseits vom unkontrollierten Furor der Eifersucht und ihr Sopran glänzt durch sehr, sehr schöne Lyrismen. Gegenspielerin Ilia wird von der anmutigen, sehr jungen Angela Kerrison gesungen, eine Entdeckung des Zürcher Opernstudios; viel Zauber geht von ihrer Partieführung aus, auch wenn sie gelegentlich einen etwas harten Kanteneinsatz ihrer Stimme riskiert. Winfrid Mikus ist der Idomeneo, sein stabiler Tenor zeigt keine Schwächen, dafür ein eigenwilliges Timbre; Idamante wird in Heidelberg als Hosenrolle mit der Mezzosopranistin Jana Kurucová besetzt. Eine gute Wahl, sie ist rank und schlank und elegant, und diese Partie liegt ihrem Stimmprofil ausgezeichnet. Mit dem Arbace kommt Emilio Pons ins Spiel, ein hoch veranlagter Tenor mit weitem Profil, der auch baritonale Kraft entwickeln kann. Seine Bühnenpräsenz wirkt manchmal noch ein wenig allzu ernsthaft, allerdings stellt er in dieser Oper auch den weisen Ratgeber Idomeneos dar, was offenbar verpflichtet.

In der hier besprochenen Aufführung dirigierte Joana Mallwitz die Heidelberger Philharmoniker. Ein Sonderfall in der Opernlandschaft, denn die Hochbegabte ist höchstens 22 Jahre jung. Sie tut dies mit Verve, doch hatte man den Eindruck, dass sie wunderschöne Musik in sich hört, doch folgen ihr die Musiker im Graben, der zwischendurch auch recht originell hochgefahren wird, nicht immer so sensibel, wie es etwa dem Elektra-Arioso angemessen wäre. Auch ihre drängende Tempovorstellung im Befreiungschor – Trojaner dürfen richtig glücklich sein – wurde vom Chor nur unvollständig aufgenommen. Aber Joana Mallwitz hat viel Potenzial und das Haus gibt ihre viele Entwicklungsmöglichkeiten.

Eckhard Britsch

 





Fotos: Theater Heidelberg