Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

THE BEGGAR'S OPERA
(Pepusch, Britten, Holtsch)
7. November 2010 (Premiere)

Staatsoper Hannover, Ballhof eins


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Volldampf für die Junge Oper

Der Anfang ist geschafft. Mit einer Bearbeitung der Beggar’s Opera startete die Staatsoper Hannover den Premierenreigen ihrer neuen Sparte, der Jungen Oper. Die existiert offiziell seit Beginn dieser Spielzeit. Nicht nur Stücke für junge Menschen kommen auf die Bühne, sondern die Kinder und Jugendlichen auch selbst. Ein eigenes kleines Ensemble hat die neue Sparte, ergänzend kommen einige der „alten Hasen“ aus dem Opernensemble dazu und eben auch Jugendliche, die sonst nichts mit dem professionellen Musiktheaterbetrieb zu tun haben; in dieser Eröffnungsproduktion ist das ein eigens dafür zusammengestellter Projektchor. Das MusikZentrum Hannover stellt zu den Musikern des Staatsorchesters schließlich noch eine Band zur Unterstützung. Für eine wilde Mischung – die auch als solche angekündigt war – ist also gesorgt. Der Ballhof eins, die bisherige Nebenspielstätte, ist die Heimat der Jungen Oper und wird ab jetzt zu einem neuen Zentrum des Musiktheaters in Hannover.

Die musikalische Bearbeitung setzt sich zusammen aus Eigenkompositionen von Alexandra Holtsch sowie Bearbeitungen von einerseits Pepuschs originaler Beggar’s-Musik und andererseits Brittens Vertonung des Stoffes. Alexandra Holtsch hat ebenfalls diese Bearbeitungen vorgenommen. Dazu kommen ein paar Raps von Jugendlichen, die selbst auf der Bühne stehen. Das verspricht ein breites Kaleidoskop musikalischer Richtungen, die so gar nicht zusammenzupassen scheinen. Dennoch: vielleicht gerade deswegen entsteht der Eindruck einer inneren Zusammengehörigkeit. Vielleicht weil die musikalische Abfolge der Stücke genauso schräg und skurril ist wie die der Szenen in der energiegeladenen Regie Dagmar Schlingmanns. Jedenfalls harmonieren die Musiker des Staatsorchesters unter der Leitung von Andrea Sanguineti wunderbar mit den Musikern der vierköpfigen Band, da klingt alles ganz selbstverständlich, ganz normal.

Dieser Eindruck kommt noch mehr von der Bühne, wo Dagmar Schlingmann es schafft, die Ensemblemitglieder der jungen Oper, die Staatsopernmitglieder und die 21 Jugendlichen des Projektchors zu einer eingeschworenen szenischen Gemeinde zu formen. Musikalische Projekte, in denen Laien und Profis zusammenarbeiten, sind nun wahrlich nicht neu oder originell, eine solch stupende Souveränität, mit der hier alle zu größtmöglicher szenischer Präsenz motiviert werden, macht staunen und bewundern. Ein Vorhang aus silbern glitzernden Stolas, eine Art Laufsteg und wenige Requisiten wie Sofa, ein Käfig als Gefängniszelle, und über allem die Überschrift „Paradise“ (Bühnenbild: Sabine Mader) reichen der Regisseurin aus, in kraftvollen Bildern die Geschichte der Peachums, die mit Diebesgut handeln, ihrer Tochter Polly, die den Straßenräuber Macheath liebt, und den Verstrickungen um Verrat, Zueinanderhalten und der Frage, was die Liebe gegen alles das ausrichten kann, zu erzählen. Sehr gute Unterstützung erfährt sie dabei durch die schön schrägen Kostüme Inge Mederts.

Die Aktualität der Geschichte heben Regisseurin Dagmar Schlingmann und Dramaturgin Dorothea Hartmann pointiert durch ihre selbst verfasste deutsche Einrichtung des Librettos hervor.

Tiina Lönmark als Polly und Michael Chacewicz als Macheath fügen sich da nicht nur nahtlos ein, sondern geben ihren Rollen mal intimes, mal auftrumpfendes stimmliches Format. Denise Fischer als Lucy, Neele Kramer als Mrs. Trapes und Jenny sowie Daniel Eggert als Lockit und Seong-Soo Ryu als Münzen-Mathis zeigen ebenfalls nicht nur komödiantisches, sondern vor allem vokales Talent. Damit stehlen sie ihren Bühneneltern Roland Wagenführer und Carola Rentz aus dem Staatsopernensemble fast die Show.

Großer Jubel für diesen ebenso spektakulären wie hoffnungsvollen Auftakt der neuen Sparte. Davon darf es mehr geben!

Christian Schütte











 
 
Fotos: Daniel Kunzfeld